Zurzeit ist es wirklich oftmals schwer, bei der Masse an Veröffentlichungen, die uns Melodic-Spezis Monat für Monat auf den Tisch flattern, den Überblick zu behalten. Wohl auch eine der Auswirkungen der Pandemie, die Konzerte ja unmöglich macht. Jedenfalls tun sich in Sachen Studioalben im Bereich AOR mit einem gefühlten Anteil von gut und gerne 90 Prozent die Musiker aus Skandinavien hervor. Deshalb ist es wohl normal, dass mich manchmal das Gefühl der „Überfütterung“ beschleicht und es immer schwerer fällt, die Trauben aus dem übervollen Obstkorb herauszupicken. Umso schöner, wenn sich dann die mir unbekannten Musiker mit ihrer Musik ein Ausrufezeichen setzen können. So geschehen beim Trio Winding Road aus Schweden, die mit ihrem selbst betitelten Debüt ein wirklich rundes und überraschend starkes Album abliefern. Grund genug für uns, beim hauptverantwortlichen Songwriter Magnus Åkerlund nachzufragen, wie es möglich war, für eine neue und junge Band einen derart starken Erstling zu fabrizieren!
Vielen Dank für das Kompliment, das hören wir natürlich gerne! Eine neue Band, ja das sind wir. Aber eine junge Band? Nicht wirklich, haha! Jonas und ich werden 47 Jahre dieses Jahr und Jan wird sogar schon 49 Jahre alt…also sind unsere jungen Jahre schon ein Weilchen her. Jan und ich haben schon vor einigen Jahren darüber gesprochen, gemeinsam Songs zu schreiben, aber aus vielerlei Gründen ist es bisher nicht dazu gekommen. Als wir es jetzt endlich geschafft haben, hat es auch ganz großartig harmoniert zwischen uns beiden, es hat sofort „Klick“ gemacht. Wir haben die gleichen Einflüsse und somit auch den gleichen Geschmack. Jonas ist zwar als letztes zu uns gestoßen, aber wir spürten sofort, dass er das letzte fehlende Puzzle-Teil war. Alle drei von uns haben einen recht umfangreichen musikalischen Background und spielten viele Jahre in diversen professionellen, lokalen Gruppen. Dabei haben alle drei die verschiedensten Genres ausprobiert, aber die Musik von Winding Road ist jetzt endlich der gemeinsame Nenner und eine Herzensangelegenheit für uns.
Der Song „I Lost You“ erinnert mich ein wenig an die großen Balladen von Journey. Gehe ich recht in der Annahme, dass diese Melodic Rock Referenz-Band einer deiner größten Einflüsse ist?
Mit einem Wort: JA!! Ich meine, wer auf diesem Planeten liebt nicht die Musik von Journey? Aber natürlich sind da noch ein paar andere Einflüsse. Wenn ich dir einen meiner persönlichen Favoriten nennen sollte, wären das die frühen Europe und ihr Album „Prisoners In Paradise.
Mich interessiert brennend, ob es bei euch in Schweden eigentlich schwerer ist, Melodic Rock zu veröffentlichen als vielleicht anderswo? Schließlich gibt es unzählige AOR-Gruppen in ganz Skandinavien, von denen sich längst nicht alle durchsetzen beziehungsweise erfolgreich sind und im Radio laufen können.
Das ist mal eine interessante Frage, über die ich mir noch keine Gedanken gemacht habe. Schwierig zu beantworten, weil wir diese Musik ja mit Leidenschaft und viel Herzblut machen und in erster Linie nicht, um berühmt zu werden. Wenn man an etwas Spaß hat, ist es nicht schwierig. Ja, es stimmt, dass es hier zwar eine ganze Menge an Bands gibt, die Melodic Rock spielen, aber trotzdem läuft diese Musik hier nur sehr selten im Radio. Auch sieht man diese Gruppen so gut wie gar nicht im Fernsehen oder liest etwas über sie in der Zeitung, das ist wirklich schade!
Steht ihr denn wenigstens in Kontakt mit etwas bekannteren Bands wie zum Beispiel Eclipse, Work Of Art oder H.E.A.T. oder findet sogar eventuell ein Austausch statt?
Ich kenne ein paar Jungs von den Bands die du erwähnt hast. Ich besuchte zum Beispiel mit Erik Martensson die gleiche Musikschule, bevor er Eclipse gründete. Er ist wirklich ein äußerst talentierter Musiker und ein verdammt netter Kerl dazu. Ich versuche, immer wenn ich ihn treffe ein paar Tipps abzuholen und bewundere seine Art, Musik zu machen.
Ich weiß, dass es momentan schwierig ist, aber habt ihr vor, mit Winding Road live aufzutreten?
Glaub mir, ich würde nichts lieber tun, als mit Winding Road auf der Bühne zu stehen und vor Publikum zu spielen! Aber hier in Schweden ist die Situation mit Corona wahrscheinlich genauso wie im restlichen Europa. Die ganze Branche nimmt einen gewaltigen Schaden und ich kann nur inständig hoffen, dass sich die Szene so schnell wie möglich einigermaßen davon erholen kann.
Wirklich ein Dilemma, wie wahr! Hast du denn neben der Musik noch andere Hobbies?
Nein, die Musik ist aber mehr als nur ein Hobby für mich! Ich unterrichte hauptberuflich an einer Musikschule Gitarre, Bass und Produktionstechnik. So nehmen die Familie und die Musik den ganzen Tag in Anspruch. Bevor ich den Job als Lehrer angetreten habe, spielte ich fünfzehn Jahre lang als Gitarrist etwa 150 Konzerte im Jahr in ganz Schweden! Du siehst, ich wäre für Konzerte mit Winding Road sehr gut vorbereitet, um nochmal auf deine vorige Frage zurückzukommen, haha!
Das glaub ich gerne. Wer hat denn das schöne Coverartwork gestaltet? Ich finde, es passt sehr gut zu eurem Bandnamen, aber gleichzeitig weiß der Hörer auch sofort, was ihn musikalisch erwartet.
Genau, das ist auch meine Meinung, ich bin auch sehr begeistert über das Ergebnis. Das Cover hat Ingo Ertl designt, der für unsere deutsche Plattenfirma AOR Heaven arbeitet. Er hat wirklich einen phantastischen Job abgeliefert. Für mich persönlich ist ein Coverartwork enorm wichtig musst du wissen. Ich denke dann immer an die Zeit zurück, als ich mir eine Schallplatte gekauft habe, sie mir immer und immer wieder angehört und dabei das Cover studiert habe…herrlich!