EMERALD – Defenders Of Metal And Steel For 25 years

25 Jahre sollen seit der Gründung der Schweizer Metal-Institution vergangen sein? Kaum zu glauben, doch acht Veröffentlichungen können nicht lügen. Leider fiel das geplante Konzert zum Bandjubiläum ins Wasser. Aus diesem Anlass wollte sich eigentlich eine kleine Meute von Pfälzern und Saarländern auf den Weg ins Land der Eidgenossen aufmachen. Doch bekanntlich hat uns das Corona-Virus weiterhin fest im Griff, sodass die Idee eines umfassenden Interviews geboren wurde. Diesem stellten sich die Gründungsmitglieder Michael und Thomas Vaucher, der ehemalige Sänger Jvo Julmy und der aktuelle Drummer Al Spicher.  

Hallo Männer, schön, dass ihr zu diesem Interview bereit steht, denn es sollen ja alle Facetten der EMERALD-Karriere beleuchtet werden. Von daher schaltet euch immer dann ein, wenn ihr das Gefühl habt, etwas sagen oder beitragen zu wollen.

Was waren denn die Einflüsse zu Beginn von EMERALD? Wie kam die Band zusammen und welche Songs habt ihr damals gespielt?

Michael: Der gemeinsame Nenner waren eigentlich von Anfang an Iron Maiden, das ist bis heute so geblieben. Ansonsten hörten wir damals schon vor allem traditionellen Metal wie Running Wild, Helloween, Blind Guardian, Judas Priest oder Manowar. Aber auch Thrash- und Death Metal waren angesagt, was sich aber nicht auf unseren Sound auswirkte. Die Band kam zusammen, nachdem Jvo und ich bei DARK CRYSTAL zusammen mit unserer Sängerin Véronique Remy den Hut nahmen und eine neue Band gründen wollten. Wir schlossen uns dann mit Stefan Neuhaus und Roger Winkler zusammen, die ebenfalls gerade ihre Band auflösen wollten. Die neu gegründeten Emerald (an Silvester 1995) spielten am Anfang eigentlich nur Dark Crystal Songs und Coverversionen, aber es folgten dann sehr schnell viele neue Songs. „Forever Free“ ist einer der ganz alten Songs, noch aus Dark Crystal Zeiten, der es sogar noch aufs Debutalbum von Emerald schaffte.

1999 habt ihr euer Debüt „Rebels Of Our Time“ veröffentlicht, was unlängst von einer Fachzeitschrift zu den wichtigsten Schweizer Veröffentlichungen vor dem neuen Jahrtausend genannt wurde. Welche Erinnerungen habt ihr an diese Aufnahmen und wie waren die Reaktionen auf euer Debüt?

Jvo: Das war doch im Rock Hard, oder? Wir waren wohl alle mehr als erstaunt, das Erstlingswerk als eine der wichtigsten Schweizer Veröffentlichungen gelistet zu sehen. Aufnahmeprozess: Meist an Wochenenden, über mehrere Wochen verteilt, mit spärlichen Mitteln in einem Übungsraum. Die „Produzenten“, selbst Musiker, hatten nicht viel Ahnung. Das vorausgesagte Budget wurde um einiges überzogen. Wir waren jung und naiv und haben uns auf jede Menge Tests und falsche Versprechungen eingelassen. Neu eingespielt würde der eine oder andere Song wohl anders abgehen.

Thomas: Wir haben definitiv Lehrgeld bezahlt. Das Ganze wurde in einem Luftschutzbunker aufgenommen und es gab einige Pannen. So wurde uns plötzlich mitgeteilt, dass die Schlagzeugspuren zu einem Song weg wären, weil die Festplatte ausgefallen sei oder dass wir die Gitarren ohne jegliche Effekte einspielen sollten, die Effekte kämen dann am Schluss hinzu. Am Schluss hieß es aber dann plötzlich, das könne man im Nachhinein nicht machen, die hätte man am Anfang draufpappen sollen. Die Reaktionen waren soweit ich mich erinnern kann sehr gut, was mich im Nachhinein doch sehr erstaunt, wenn man sich die Scheibe reinzieht, haha, aber da war sicher auch viel Goodwill dabei für die erste Veröffentlichung einer kleinen, jungen Band.

Michael: Dass unsere Debut-CD im Rock Hard zu den wichtigsten Veröffentlichungen der Schweiz gezählt wurde hat mich persönlich extrem gefreut. An die Aufnahmen habe ich keine guten Erinnerungen. Wir waren total ahnungslos über Aufnahme-Prozesse und haben auch unsere Instrumente eigentlich viel zu wenig beherrscht, um eine CD aufzunehmen. Aber der Wille war da, deshalb ließen wir uns auf ein Experiment ein, denn die Jungs, die uns in ihrem Luftschutzkeller betreuten und die Aufnahmen machten, hatten damals gerade den Computer und das Cubase Programm neu gekauft und selber noch kaum Erfahrung damit. Wir waren sozusagen das Versuchskaninchen und es ging fast alles schief, was schief gehen konnte. Das Resultat war ein Demo mit sehr bescheidenem Sound, aber wir waren damals einfach nur happy, endlich eine Aufnahme der ersten Songs zu haben und etwas an unseren Konzerten anbieten zu können.

Euer Zweitwerk „Calling The Knights“ enthält einige grandiose Underground-Perlen. Der Titelsong, das epische „Across The Sea“ aber auch die mutige Coverversion des damals noch eher unbekannten „Medieval Steel“ stellen meiner Meinung nach Glanzpunkte des Schaffens von EMERALD dar. Wie steht ihr zu der Veröffentlichung heute und wieso gibt es zwei Versionen dieser Scheibe?

Jvo: Ich finde die CD nach wie vor großartig! Warum zwei Versionen? Der Axel Thubeauville (Shark Records) wollte ein Re-Release mit besserem Sound und Bonustracks.

Thomas: Wir haben mit der Platte nach „Rebels Of Our Time“ definitiv einen Schritt nach vorne gemacht, auch wenn der Sound auch hier nicht sehr gut war. Bei „Rebels Of Our Time“ war jeder Song zu lang. Songwriting-technisch haben wir uns hier schon enorm verbessert würde ich meinen. Mit „Emerald Knights“ und „Hard To Be True“ sind auch zwei Klassiker auf der Scheibe, die wir immer noch regelmäßig im Live-Set haben. Die Scheibe wurde damals in Eigenproduktion rausgebracht. Danach haben wir uns bei diversen Plattenfirmen damit beworben. Shark Records hatte dann Interesse an der Platte und die haben die CD dann neu gemischt, gemastered und sie mit neuem Cover noch einmal herausgegeben.

Michael: Das Artwork vom Re-Release stammt übrigens von Ken Kelly (Kiss, Manowar), was mich heute noch stolz macht. Ich wollte unbedingt ein Bild von ihm und war damals erstaunt, wie einfach das schlussendlich war und der Kontakt zu ihm war erst noch supernett. „Calling The Knights“ war ja auch eine Eigenproduktion, diesmal in einem richtigen Studio aufgenommen. Leider war es ein lokales Studio, dass keine Erfahrung mit Heavy Metal hatte und vorher nur Pop und Volksmusik produzierte. Deshalb war der Sound erneut sehr bescheiden und nicht wirklich heavy. Stücke wie „Emerald Knights“, „Hard to Be True“ und vor allem „Across The Sea“ (da war ich natürlich sehr von „Rime Of The Ancient Mariner“ beeinflusst) finde ich auch heute noch sehr geil. Das „Medieval-Cover“ musste ich innerhalb der Gruppe damals durchdrücken, da die Band niemand kannte. Auch in der Szene waren die nur Insidern bekannt damals, da es noch kein YouTube und keine Internet-Foren gab. Diese Coverversion gab uns aber viel mehr Aufmerksamkeit als gedacht und ich erhielt kurz nach Release sogar einen Anruf aus den USA von den ehemaligen Medieval Steel-Mitgliedern, welche sich tierisch freuten, dass jemand in Europa sie gecovert hatte. Das waren noch Zeiten…

Vor dem Wechsel zu Pure Steel erschien 2004 „Forces Of Doom“, für mich bis heute das perfekte EMERALD-Album, angefangen vom Cover, bis zur grandiosen Coverversion „On The Wings Of The Night“ von Virgin Steele. Hattet ihr im Studio auch den Eindruck eine besondere Platte einzuspielen und wer war generell für die Auswahl der Coversongs zuständig? 

Jvo:  Ich hatte eigentlich nie den Eindruck, dass wir jetzt DAS Album einspielen. Ich war/bin aber auf jede einzelne Veröffentlichung stolz. Was ich damals schon sagte, sage ich auch heute noch: Mir gefällts. Wenn es anderen auch gefällt – super. Wenn nicht: passt schon.
Die Coverversionen liefen ja meistens auf Michaels Mist – er hat aber jedes Mal ein sehr gutes Händchen bewiesen, da die Cover praktisch immer gut ankamen.

Thomas: Generell ist man immer der Meinung, dass man nun DAS Album einspielt und das ist auch gut so und soll auch so sein. Wenn man von der aktuellen Musik, die man macht, nicht überzeugt wäre, müsste man es besser sein lassen. „Forces Of Doom“ war die erste „richtige“ Scheibe bei Shark Records und dafür wurden wir nach Bochum ins Aufnahmestudio eingeladen. Nachdem wir zuvor immer alles selbst bezahlen mussten, wurden die Aufnahmen dieses Mal komplett von der Plattenfirma finanziert: Das war schon ein tolles Gefühl. Mit „Tears Of A Warrior“ ist auch auf dieser Scheibe ein weiterer Klassiker vertreten. Bezüglich Cover-Songs: Michael, als unser Old-School-Experte, hat uns da jeweils eine Auswahl an Vorschlägen gemacht, über die wir dann gesprochen und abgestimmt haben.

Al: Ich war zwar damals noch nicht in der Band, aber trotzdem immer nah am Geschehen. Als Fan der ersten Stunde war ich natürlich immer gespannt auf neue Outputs meiner Freunde. Bei „Forces Of Doom“ waren meine Erwartungen besonders hoch, da dies der erste Release über ein renommiertes Plattenlabel war. Die Songs gefielen mir auf Anhieb sehr gut, allerdings wurde das Gesamtbild von der schäbigen Produktion schon etwas getrübt (sterile Trigger-Drums treffen auf unverzerrte Krächzgitarren). Generell sehe ich jedes Emerald-Album als Schritt vorwärts an und denke, dass die Band von Album zu Album immer besser wurde. Ob da ein Album besonders heraussticht ist schlussendlich Geschmackssache.

Michael: Virgin Steele wollte ich unbedingt covern, weil die damals noch eine absolute Lieblingsband von mir waren. Vor allem die Alben „Noble Savage“ und „Age Of Consent“ sind nur genial und ich war froh, die Band dazu überreden zu können. Ich hatte damals noch regelmäßig Briefkontakt mit David DeFeis, der es ebenfalls cool fand, dass wir einen Song von ihm gecovert hatten. Schon traurig, wie tief die Band mit den letzten Releases gesunken ist.

Nach dem 2007er-Album „Hymns To Steel“ gab es eine tiefgreifende Veränderung im Bandgefüge. Sänger und Gitarrist Jvo Julmy, der durch seine love or hate-Stimme markanten Wiedererkennungswert hatte, wurde durch Thomas Winkler (heute bei der Spaßband Gloryhammer) ersetzt, was nur von kurzer Dauer sein sollte. Aber auch auf der Schlagzeuger-Position gab es einen Wechsel. Al Spicher ist der Band bis heute treu geblieben. Was war damals los?

Thomas: Der damalige Schlagzeuger Andy Bächler ist ausgestiegen, weil er keine Zeit oder Lust mehr hatte, bei Emerald zu trommeln. Bei Jvo war es so, dass er live überfordert war, gleichzeitig zu singen und Gitarre zu spielen und wir ihm deshalb vorschlugen, sich auf den Gesang zu beschränken. Dies wollte er aber nicht, weswegen er letztendlich ausgestiegen ist.

Jvo: Ich war schon etwas länger unzufrieden in der Band aufgrund diverser interner Unstimmigkeiten. Dann kam der Vorschlag der Band, dass ich mich nur noch auf den Gesang konzentriere, und das Gitarrenspiel weitergebe (gleichzeitig spielen und singen = nicht so einfach), zumal die Songs komplexer wurden, und ich tatsächlich mit der Doppelbelastung ein Problem hatte. Aber ich wollte mich da durchbeißen und weiterhin beides machen.
Als ich dann kurze Zeit später durch einen gemeinsamen Freund gefragt worden bin, ob ich bei der Band aussteige, weil man IHN gefragt habe, der neue Gitarrist bei EMERALD zu werden (ohne mein Wissen), hat es für mich das Fass zum Überlaufen gebracht und ich habe meinen Posten praktisch von heute auf morgen geräumt. Wir befanden uns zu dem Zeitpunkt gerade in der Vorproduktion zu Re-Forged, und hatten bereits ein paar Songs als Demo für die Plattenfirma aufgenommen.
Wir hatten nach dem Split eine längere Zeit keinen Kontakt mehr untereinander – leider.
Das ist aber längst vergessen!

Al: Das Ganze ist damals etwas unglücklich abgelaufen. Unser Ziel war es nie, JayJay aus der Band rauszutreiben, sondern ihm eben nahezulegen, sich ausschließlich auf den Gesang zu konzentrieren. Unser damaliger Bassist Adriano hatte besagtem Gitarristen gegenüber wohl mal beiläufig erwähnt, dass wir eventuell einen neuen Klampfer ins Boot holen würden und ihn gefragt, ob er allenfalls Interesse hätte. Von dieser Aktion wussten wir anderen in der Band allerdings nichts und hätten es auch niemals gutgeheißen, hinter dem Rücken von JayJay einfach bereits jemand Neues zu rekrutieren. Aber eben, das ist lange her und ich bin froh, dass sich die Beziehung zu JayJay gut erholt hat und dass er auch heute noch regelmäßig als Special Guest mit uns zusammen die Bühne rockt.
Bezüglich Wechsel auf dem Drumhocker: Viele wissen gar nicht, dass ich bereits vor den Aufnahmen zu „Hymns To Steel“ zur Band gestoßen bin. Mein Vorgänger Andy hatte die Band fairerweise bereits früh über seine Ausstiegspläne informiert und ihnen versichert, dass er das kommende Album noch einspielen würde. So kam es, dass ich bereits während den Vorbereitungen zu „Hymns To Steel“ gefragt wurde, ob ich Andys Nachfolger werden möchte. Nach kurzem Überlegen sagte ich zu und so kam es, dass Emerald für kurze Zeit zwei Drummer in seinen Reihen hatte. Die Proben sahen damals so aus, dass die Band in der ersten Hälfte als Studiovorbereitung die Songs fürs Album mit Andy durchspielten und in der zweiten Hälfte einige alte Songs mit mir zusammen in Angriff nahmen. Ursprünglich war sogar geplant, dass ich auf „Hymns To Steel“ bereits auf einem Song zu hören sein sollte (auf dem Crimson Glory-Cover „Azrael“). Allerdings war es mir dann irgendwie zu doof, extra für einen einzigen Song nach Deutschland ins Studio zu reisen, hahaha! Bei der Plattentaufe zu „Hymns To Steel“ saß dann bereits ich hinter den Kesseln, wobei Andy auch noch 3-4 Songs zum Besten gab.

Die beiden Alben mit Thomas Winkler „Re-Forged“ und „Unleashed“ erschienen 2010 und 2012. Welche Veränderungen ergaben sich durch die neue Besetzung und inwiefern haben sich diese auf den musikalischen Stil von EMERALD ausgewirkt? Ich denke diese Zeit war auch nicht frei von Konflikten innerhalb der Band.

Thomas: Die halbe Band wurde damals ausgewechselt. Nicht nur Thomas Winkler und Al Spicher kamen neu dazu, sondern auch Manuel Werro (Gitarre). Thomas Winklers Stimme machte Emeralds Sound sicherlich massentauglicher. Manuels Gitarrenspiel machte unseren Sound härter, da er in der Vergangenheit bei deutlich härteren Thrash- und Death Metal-Bands gespielt hatte. Zudem hat er aber auch extrem starke Songs geschrieben wie „The Wanderer“, „Another Universe“ oder „Face Of Evil“. Al Spicher andererseits hat unseren Sound ebenfalls härter und metallischer gemacht. Im Gegensatz zu Andy Bächler, der eher der technische Drummer war, ist Al durch und durch ein Metaller-Drummer, der die Bude zum Krachen bringt. Zudem schreibt er ebenfalls sehr geile Songs. Mit dieser Besetzung waren wir dann 2012 auch auf Europa-Tournee und obschon es eine sehr geile Zeit war, gab es natürlich schon einige Reibereien, wenn man so lange so nahe beieinander ist.

Al: Was „Re-Forged“ und „Unleashed” nebst der etwas härteren Gangart sicher auch noch von den vorherigen Emerald-Alben unterscheidet, ist die wesentlich druckvollere Produktion. Ich war zwar schon vor meinem Einstieg ein großer Fan der Band, fand aber die ersten vier Alben vom Sound her immer recht schwachbrüstig. Deshalb hatte ich bereits kurz nach meinem Einstieg klargemacht, dass ich mir fürs nächste Album eine anständige Produktion wünschte. Denn ich fand es einfach schade, dass Songs, die eigentlich so viel Potenzial gehabt hätten, durch Produzenten, die von Metal keine Ahnung hatten, komplett verwässert wurden. So kam es, dass wir erstmals die Dienste von Produzent V.O. Pulver in Anspruch nahmen, dem wir bis heute treu geblieben sind.
Und ja, dieses Emerald-Line-Up war nicht unbedingt das harmonischste in der Bandgeschichte. Es war abzusehen, dass dies nicht ewig halten würde. Zu unterschiedlich waren die Charaktere, zu groß manche Egos. Das Songmaterial aus dieser Zeit finde ich allerdings größtenteils nach wie vor gut.

Michael: Es war definitiv wie ein Neustart für Emerald damals. Neue Bandmembers, neuer Produzent, viele neue Erfahrungen im Proberaum wie auch im Studio. Das alles wirkte sich kreativ aber fantastisch aus und ich bin nach wie vor sehr stolz auf diese beiden Alben. Wir wurden härter und vor allem druckvoller, dank der genialen Zusammenarbeit im Studio mit V.O. Pulver. Er war der erste, der endlich unsere Songs mit druckvollem Sound auf Platte bannen konnte. Auch in schöner Erinnerung ist die Zusammenarbeit mit Sean Peck (CAGE, DEATH DEALER) bei „Re-Forged“ und George Call (ASKA, CLOVEN HOOF) bei „Unleashed“. Da entstanden nicht nur zwei geniale Songs, sondern auch Freundschaften, die bis heute hielten, wobei George Call später ja sogar für fast ein Jahr fix unser Sänger wurde und beinahe „Reckoning Day“ komplett mit uns gemacht hätte. Und im Jahr 2012 ging es mit meinen alten Helden von HELSTAR auf große Europatour. Für mich bis heute ein ganz großes Highlight in der Emerald-History und neben ein paar persönlichen Problemen innerhalb der Band trotzdem für mich unvergessen mit unzähligen tollen Erinnerungen verbunden.

Als Fan war ich froh, dass ihr mit „Reckoning Day“ quasi eine dritte Bandphase eingeläutet habt. Ich würde sie die kommerzielle Phase nennen, denn ab dieser Scheibe und mit Mace Mitchell hinter dem Mikro wart ihr massenkompatibel. Kein Sänger mit extremer Stimme, keine epischen Underground-Songs für ein paar Liebhaber, sondern melodischer Heavy Metal, der eine große Zielgruppe begeistern kann. Nach vielen Jahren fasste ich den Mut euch auf die „Headbangers Night“ einzuladen, ein Festival, das Musikkenner, aber auch viel Mainstream-Publikum anzieht. Das hatte ich mich vorher nicht getraut. War dieser Weg am Ende von allen gewollt oder hat es sich einfach so ergeben?

Thomas: Beides. Natürlich haben wir uns immer gewünscht, mit unserer Musik mehr Zuhörer zu erreichen. Allerdings haben wir nicht gezielt daraufhin gearbeitet, sondern wir haben immer unser Ding gemacht. Dass wir mit Mace dann einen Sänger fanden, der es uns ermöglichte, mit seiner Stimme mehr Menschen anzusprechen, war so gesehen eine glückliche Fügung.

Al: Ich denke nicht, dass wir uns komplett von den „epischen Underground-Songs“ verabschiedet haben. Die Emerald-Roots drücken meiner Meinung nach auch heute noch an vielen Stellen durch. Man hat sich halt im Laufe der Jahre einfach weiterentwickelt in Sachen Songwriting und technischer Versiertheit. Der massenkompatiblere Gesang sowie die professionellere Produktion helfen natürlich auch dabei, den „Kauz-Faktor“ der Anfangstage auf ein Minimum zu reduzieren. Aber ich würde jetzt nicht behaupten, dass wir eine komplett andere Art von Heavy Metal als früher spielen, sondern dass wir einfach selbstbewusster und bestimmt auch offener geworden sind, was neue Einflüsse betrifft. Wenn wir heutzutage alte Songs ins Live-Repertoire nehmen, harmonieren diese bestens mit unserem aktuellen Programm und offenbaren zum Teil jetzt erst richtig, im aktuellen Line-Up, welches Potenzial wirklich in diesen Kompositionen steckt.

Michael: Geplant war eigentlich nie etwas in unserer Geschichte. Wir suchten eine halbe Ewigkeit nach einem neuen Sänger und wären daran fast zerbrochen. Wie erwähnt war George Call für eine Zeit unser Sänger, aber aufgrund der Distanz konnten wir nicht zusammen proben, was für eine Band wie uns mühsam war. Mace zu finden war großes Glück und hat uns einmal mehr einen Schub verpasst. Vom Stil her finde ich nicht, dass wir uns riesig verändert haben. „Reckoning Day“ war eine konsequente Fortsetzung von „Re-Forged“ und „Unleashed“, allerdings mit ausgereifterem Songwriting. Wir hatten damals gezwungenermaßen viel Zeit fürs Songwriting und konnten viel ausprobieren. Gut ausgewirkt hatte sich zudem, dass wir endlich ein Line-Up hatten, das menschlich perfekt harmonierte. Sowas ist unbezahlbar und bringt eine Band viel weiter als nur gute Songwriter und technische Genies.

Mit dem aktuellen Output „Restless Souls“ wird der eingeschlagene Weg konsequent weitergegangen, wobei es immer wieder spannend ist beim ersten Hören die verschiedenen Songwriter zu „identifizieren“. Einen Thomas Vaucher-Song erkennt der geneigte Fan beim ersten Hören. Einen reinen Michael Vaucher-Song (der Versuch Tradition und Moderne zu kombinieren) auch. Mittlerweile habt ihr aber durch Julien Menth nicht nur einen klasse Gitarristen, sondern auch einen weiteren starken Songschreiber hinzugewonnen. Wie läuft denn das Songwriting im Hause EMERALD ab?

Thomas: Ich glaube, das ist einer der ganz großen Vorteile von Emerald: Bei uns schreiben mittlerweile alle sechs Mitglieder Songs. Daraus entsteht dann eine Diversität von verschiedenartigen Songs, so dass eine Emerald-Platte meiner Meinung nach nicht einseitig tönt. Andererseits geriet uns das auch schon zum Nachteil, da es immer Leute gibt, denen einige Songs nicht gefallen und die Scheiben als Ganzes deshalb nicht so toll finden. Zum Ablauf: In der Regel schreibt eines der Mitglieder im stillen Kämmerlein das Grundgerüst zu einem Song (Lyrics und Rhythmik/Melodie), bringt den Song dann in den Proberaum, wo die ganze Band diesen dann zu einem Emerald-Song bearbeitet und transformiert.

Al: Die Vielseitigkeit im Songwriting ist auch für mich das Reizvollste an dieser Band. Jeder von uns hat seine ganz eigenen, speziellen Einflüsse, welche von klassischem Heavy Metal über Hard Rock, Punk, Symphonic Metal, Thrash Metal bis hin zum Metalcore reichen. Diese Inspirationen ergeben schlussendlich diese bunte Palette an Songs, die aber trotzdem immer irgendwie nach Emerald klingen. Natürlich ist es so, wie Thomas bereits erwähnt hat, dass es Leute gibt, denen unsere stilistische Vielfalt zu gross ist und denen es lieber wäre, wenn wir uns entweder nur auf die epischen, bombastischen Songs oder nur auf die harten, thrashigen Nummern beschränken würden. Ich persönlich fände dies jedoch extrem langweilig und möchte niemals in einer Band spielen, in der alles möglichst gleich klingen muss. Logischerweise ist es so recht schwierig, uns zu schubladisieren, aber ich bin sowieso kein Fan von Schubladen. Ist das was wir machen nun Old School Heavy Metal, US Metal, Epic Metal, Power Metal, Thrash oder Hard Rock? Meine Antwort: Ja! He,he…
Jetzt bin ich wohl etwas von der ursprünglichen Frage abgedriftet.. Ja, normalerweise schreibt jeder erstmal seine Songideen für sich selbst und präsentiert sie dann der Band. Manchmal kommt es allerdings auch vor, dass sich eine Song-Idee aus einem spontanen Jam heraus entwickelt. Bei mir persönlich läuft es so ab, dass ich bei meinen Songs eine Schlagzeugspur aufnehme und dann meine Riff- und Gesangsideen drüber „singe“ (wenn man das so nennen kann). Danach hilft mir dann Julien dabei, dieses Geträller in richtige Riffs umzuwandeln. Dies ist bestimmt eine etwas ungewöhnliche Herangehensweise, funktioniert aber erstaunlich gut.

Michael: Jeder schreibt seine Songs zuhause und bringt sie dann in den Proberaum, wo solange mit der Band daran gearbeitet wird, bis es zum «Emerald»-Song wird und alle zufrieden sind. Die vielen verschiedenen Einflüsse von uns machen es reizvoll und interessant, für uns wie auch für die Fans. Schlussendlich bleibt es ja trotzdem immer in einem gewissen Rahmen, den Emerald nicht verlassen werden. Aber jede Band (außer AC/DC und Running Wild) muss Sachen ausprobieren und sich verändern, sonst verlieren die Musiker wie auch die Fans das Interesse.

Als sechstes Bandmitglied bedient Vania Truttmann den Bass. Ist es heute noch etwas Besonderes eine Frau in der Band zu haben? Verändert sich da was im Umgang miteinander?

Thomas: Was, wir haben eine Frau in der Band? Nein, im Ernst, man merkt natürlich, dass viele Metalheads uns nun lieber live sehen, weil es auf der Bühne auch noch was zu sehen (und nicht nur zu hören) gibt, haha. Aber im Proberaum unterscheidet sich der Umgang mit ihr eigentlich nicht mit dem mit einem der anderen Mitglieder (Wortspiel ;-)) Aber gerade mit solchen Wortspielen oder Sprüchen ziehen wir sie manchmal auf, zum Glück kann sie das gut wegstecken.

Al: Vania dient uns hauptsächlich als Marketing-Tool, hehe… Nee, Quatsch, als sie vor sechs Jahren bei uns einstieg, hat sich niemand von uns Gedanken darüber gemacht, dass da jetzt  eine Frau in der Band sein würde. Vania gehörte bereits vorher zu unserem Kollegenkreis und wir wussten, dass sie ein absoluter Kumpeltyp ist. Ausserdem weiß ja sowieso jeder, dass Sänger im Allgemeinen die grössten Diven sind, da fällt so ein Bassfräulein nicht weiter ins Gewicht, hahaha!

Michael: Vania ist diese Art von Frau, die perfekt in eine Heavy Metal-Band passt. Sie ist unkompliziert, umgänglich und extrem talentiert. So kann jeder sich selber sein bei Emerald, es verändert sich nichts im Umgang miteinander, obwohl da eine Frau in der Band spielt.

Auch ihr dürftet die Corona-Pause für das Schreiben von neuen Songs genutzt haben. Zuerst soll es Ende Dezember aber ein Jubiläums-Konzert geben, das hoffentlich alle Dekaden von EMERALD abdeckt. Das wäre doch die perfekte Show für ein Live-Album. Für wie wahrscheinlich haltet ihr die Durchführung momentan und wann plant ihr euer nächstes Album?

Thomas: Im Moment siehts leider gar nicht gut aus. Die Fallzahlen steigen in unseren Regionen und die Behörden erlassen wieder allerlei Verbote. Aber wir geben die Hoffnung nicht auf und bereiten gerade eine Hammershow mit zahlreichen Specials und Höhepunkten vor. Musikalisch wird mehr oder weniger die ganze Bandbreite abgedeckt: Von Songs der ersten Platte bis zu einem neuen unveröffentlichten Song. Und natürlich werden wir einige Gäste auf der Bühne haben. Das Songwriting fürs neue Album ist etwa zur Hälfte abgeschlossen. Ich denke mal, dass wir in etwa einem Jahr ins Studio gehen können.

Michael: Leider wurde die Jubiläumsshow mittlerweile tatsächlich verboten und abgesagt. Wie alle anderen Emerald-Shows in diesem Jahr. Es ist zum Verzweifeln, aber hoffen wir das Beste, dass im nächsten Jahr bald wieder normalere Zeiten anbrechen. Wir sind heiß darauf, die Show nachzuholen und werden ganz sicher im Frühling oder Sommer das nächste Studioalbum in Angriff nehmen. Das Songwriting dazu läuft auf Hochtouren und macht enorm Spass. Die nächste Platte wird noch um einiges vielseitiger werden, soviel können wir schon verraten…

Zum Schluss noch eine persönliche Frage an die jeweiligen Interview-Partner:

Jvo, du bist nach wie vor musikalisch unterwegs. Was gibt es aus der nahen Vergangenheit und in der nahen Zukunft über den Musiker Jvo Julmy zu berichten?   

Ich bin immer noch als Sänger tätig, habe die Gitarre aber zumindest in der Band an den Nagel gehängt. Eine Zeitlang war ich Sänger und Gitarrist einer Band, wurde dann jedoch ersetzt, da der Gesang offensichtlich nicht gepasst hat. Kurz darauf kam schon bald die Anfrage von Adriano Troiano (Bass, ex-EMERALD), ob ich nicht einen Song zu Ehren DIOs einsingen möchte. Das war 2011. Die Kooperation hat wunderbar funktioniert („Touched By The Gods“), so dass ich zum Sänger von DISTANT PAST aufgestiegen bin, hahaha. Momentan sind wir an den Aufnahmen zum neuen Album, welches hoffentlich im Frühling 2021 das Licht der Plattenläden erblicken wird. Des Weiteren habe ich einige Songs auf den beiden AGE OF DISCLOSURE Alben von Ben Sollberger (Gitarrist bei Distant Past) eingesungen. Auch bin ich einer der Sänger bei LUCID DREAMING, der Nebenspielwiese von Till Oberboßel, seines Zeichens Gitarrist bei den Deutschen Fantasy-Metallern ELVENPATH. Die ersten beiden Alben „The Chronicles Pt 1 und Pt II“ erschienen 2013 und 2017, das 3. Werk „The Chronicles Pt III“ (was sonst?!) wurde aktuell am 6. November 2020 veröffentlicht.

Thomas, du bist Lehrer, schreibst erfolgreich Romane und spielst das Keyboard bei EMERALD. Welchen von diesen Jobs machst du am liebsten und welcher strengt am meisten an?  

Das coole daran ist der Ausgleich, der durch alle drei Jobs entsteht. Der Lehrberuf ist ein toller Beruf, ich arbeite gerne mit Kindern, zudem sichert er mich finanziell ab. Und die künstlerischen Tätigkeiten sind der Ausgleich dazu, dort kann ich mich kreativ austoben. Ich liebe es kreativ zu sein, so mag ich es denn eigentlich auch am meisten, Songs zu komponieren oder Geschichten zu erfinden. Am anstrengendsten ist einerseits der Lehrberuf, weil die Arbeit mit Kindern natürlich viel Geduld erfordert und andererseits das Überarbeiten von Büchern. Wer schon mal ein 500-Seiten Buch ein halbes Dutzend Mal durchgelesen und überarbeitet hat, weiß wovon ich spreche.

Al, du bist nun schon sehr lange in der Band und ich meine, du trägst mit die Hauptverantwortung für die musikalische Kurskorrektur der letzten Jahre. Bist du der Stabilisator und Anker von EMERALD? 

Bei meinem Drumming müsste man manchmal vielleicht schon den Anker werfen, damit ich nicht völlig abdrifte, haha… Nee, im Ernst: Über meinen Stellenwert in der Band habe ich mir bislang keine großen Gedanken gemacht. Als „Anker“ würde ich mich jetzt aber nicht unbedingt bezeichnen, da dies für mich eher ein Synonym für Stillstand ist. Wenn, dann bin ich eher einer der Motoren, der das Schiff vorantreibt. Für mich gibt es nämlich nichts Schlimmeres als zu stagnieren, sprich, immer wieder dasselbe Album aufzunehmen, dieselben Texte zu schreiben und auf jedem Band-Foto in der exakt selben Pose mit einem Schwert in der Hand auf einer Burgruine rum zu hampeln. Ich denke, da habe ich in den Jahren seit meinem Einstieg der Band vielleicht schon den einen oder anderen Arschtritt verpasst, um auch mal die eigene Komfortzone zu verlassen und Neues auszuprobieren. Das hat sich meiner Meinung nach durchaus bewährt. Allerdings bin ich natürlich nicht alleine für diesen Wandel verantwortlich. Jedes neu hinzugekommene Bandmitglied hat automatisch auch unseren Sound maßgeblich beeinflusst. Eine gesunde Weiterentwicklung kann zudem auch nur stattfinden, wenn alle in der Band am selben Strang ziehen. Wenn die Bandchemie stimmt, passiert das alles ganz von selbst.

Michael, du bist nicht nur leidenschaftlicher Musiker, sondern auch ein ebenso großer Kenner und Fan der Szene, den man oft auf Konzerten trifft. Ist Heavy Metal dein Leben, bzw. was macht ein Leben als Metal-Fan und Musiker aus?

Ich bin 1986 als 11-jähriger mit dem Virus namens Heavy Metal infiziert worden und das wird mich nie mehr loslassen. Heavy Metal ist definitiv mein Leben und meine große Leidenschaft. Egal ob als Fan/Musikhörer in jeder freien Minute, Konzertgänger, Plattensammler, Festivalbesucher, Schreiberling (schreibe nebenbei Reviews und Artikel fürs TRACKS Magazin hier in der Schweiz), Leseratte (ich liebe Musikerbiografien und habe seit 25 Jahren Abos von Magazinen wie Rock Hard und Deaf Forever), Iron Maiden Maniac (im Fanclub seit meiner Jugend und an jedem Konzert, das irgendwie möglich ist) oder natürlich als Musiker und Songwriter bei Emerald und neu auch in einer neuen Hardrock Band namens SiN69. Irgendwas mit Musik ist bei immer präsent und bereichert mein Leben.

Heavy Metal is Immortal!