BLOODYWOOD, LAKE MALICE / LOGO, HAMBURG

Billing

Bloodywood, Lake Malice

Ort

Logo, Hamburg

Datum

11.03.2023

Bilder

Marc Schallmaier

Ein ausverkauftes Logo ist vom Prinzip her eine gute Sache, allerdings sind die Sichtmöglichkeiten begrenzt und das kurzfristige Stillen des Trinkbedürfnis eine eher schwierige Aufgabe in der lautester Sauna von Hamburg.
Und warum das so ist erschließt sich mir nicht so ganz. Das ursprüngliche Konzert hätte schon vor Jahren stattfinden sollen, musste aber aufgrund der Pandemie mehrfach verschoben werden.
Die Tickets waren sehr zügig vergriffen, und so baumelte seit geraumer Zeit das Schild „Ausverkauft!“ über der Konzertankündigung. Und tatsächlich habe ich gedacht, dass dieses Konzert über kurz oder lang in eine größere Location verlegt wird. BLOODYWOOD rockten im Jahre 2022 zahlreiche Festivals in Europa, im Anschluss ging es auf eine amtliche Tour durch die USA. Da lag es nahe, dass das Konzert aus dem Kult Club in Hamburg mit maximal 450 Zuschauern verlegt wird. Aber dem war nicht so, und auch die Inder von BLOODYWOOD können nun behaupteten, in einem der legendärsten Clubs Deutschlands aufgetreten zu sein, in dem mittig auf der Bühne ein großer Pfeiler steht.
Das Logo ist schon gut gefüllt als ich ankomme, und eine Vorband steht auch auf dem Programm. LAKE MALICE aus England, die mir aber völlig unbekannt sind. Ob sich an dem Bekanntheitsgrad großartig etwas ändern wird bezweifle ich doch stark. Das Quartett zockt recht unspektakulären Metalcore, der hier und da mit einigen Synthie Effekten angereichert wird. Größtes Manko der Band ist aber Frontfrau Alice Guala. Ich muss wirklich lange überlegen, wann ich das letzte Mal einen derart schiefen Gesang gehört habe. Und das inkludiert auch einige FEAR FACTORY Auftritte.
Dieser Eindruck verschlimmert sich auch noch, als ich mitbekomme, dass sowohl der Klargesang wie auch ihre Schreierei vom Band (zumindest!) unterstützt werden. Dass technische Spielereien aus der Konserve kommen ist auf vielen Metal Konzerten mittlerweile gang und gäbe, und soweit ich das mitbekommen habe wird dies auch generell von vielen Fans als nicht störend empfunden. Aber wie man derart daneben liegen kann finde ich unbegreiflich.
Gitarrist Blake Cornwall und der Bassist ignorieren das alles und fegen wie die Derwische über die Bühne. Leider springt die Energie nicht auf das Publikum über, und so gibt es lediglich ein wenig Höflichkeitsapplaus als der Set dann nach exakt 30 Minuten vorbei ist.
PS: die Band besteht anscheinend nur aus dem Gitarristen und der Sängerin. Leider konnte ich die Namen des Schlagzeugers und des Bassisten nicht herausfinden.

Die Umbaupause ist kurz und knackig, anscheinend wollen heute alle früh Feierabend machen. So erklingen die ersten Takte von „Gaddar“, während die sechs Inder nach und nach die Bühne betreten. Und sofort ist im Publikum die Hölle los. Die beiden letzten sind der Sänger Jayant Bhadula und Rapper Raoul Kerr. Es ist schon erstaunlich was aus dieser Schnapsidee aus dem Jahre 2016 geworden ist. Gitarrist Karan Katiyar spukt die Idee im Kopf herum, bekannte Bollywood Songs im Metalstil zu covern. Durch Zufall trifft er den Talentscout Jayant, den er von seiner Idee überzeugen kann. Karan schmeißt daraufhin seinen Job als Rechtsanwalt (!) und die Sache nimmt langsam Fahrt auf. Der Rest sollte bekannt sein, oder man schaut sich die Doku „Raj Against The Machine“ an.
„Bsdk.exe“ und „Aaj“ erklingen nun, und die Temperaturen klettern langsam in die Höhe. Die energiegeladene Mischung aus groovendem Metal, traditionellen indischen Klängen, dem harten Sprechgesang sowie die gesungen Zeilen in Hindi oder Panjab (es gibt nicht DIE Sprache „Indisch“!) verfehlt seine Wirkung nicht, und das Publikum tanzt ausgelassen zu diesen Klängen. Bei „Aaj“ spielt Karan dann auch erstmal Flöte, allerdings ist die Gitarre auch noch zu hören. Also eines von beiden kommt von Band…..
Das Fotografieren ist heute übrigens doppelt schwer, bzw. sogar dreifach. Es gibt lediglich einen Minigraben, der für „normale“ Fotografen aber nicht zugänglich ist. Hier turnt lediglich eine Fotografin rum, die anscheinend irgendwie zur Band gehört. So stehe ich mitten im Pit und knipse was die Kamera hergibt. Zweiter „Störfaktor“: die Band ist unfassbar viel in Bewegung, kaum einer steht für ein paar Momente still. Eigentlich ja auch eher ein positiver Aspekt. Richtig harter upfuck ist aber ein blonder Dödel mit Baseball Cap, der ständig auf der Bühne ist und hin- und herläuft. Dabei hat er wahlweise eine „GoPro“ Kamera oder ein Handy in der Hand. Manchmal auch beides. Nicht nur, dass er damit zahlreiche Aufnahmen von mir versaut (denn so etwas kann man nicht „bearbeiten“), auch als Fan/Zuschauer nervt es mich umgemein, wenn da ständig ein Unbeteiligter Honk durch die Gegend marschiert.
Egal, „Dana Dan“ und „Jee Veerey“ sind die nächsten beiden Songs, und zwischendurch werden auch ein paar Worte ans Publikum gerichtet. Allerdings klingen diese Sätze sehr einstudiert und ich fresse einen Besen, wenn genau diese Phrasen nicht an den genau gleichen Stellen bei jeder Show auf dieser Tour runtergeleiert werden. Das find ich schon ein wenig schwach.
Nächster Song ist „Zanjeero Se“, bevor bei „Machi Bhasad (Expect A Riot)“ richtig die Post abgeht. Nun sind auch schon 75% des offiziellen Albums „Rakshak“ gespielt. So bin ich dann doch recht erstaunt als „Ari, Ari“ angekündigt wird, der Hit schlechthin von BLOODYWOOD, und laut meinem Kenntnisstand auch der Song/das Video, das so richtig bei YouTube steil und viral gegangen ist. Aber auch hier verspüre ich etwas zu viel Routine bei der Band, die den Track auch bei jeder Gelegenheit spielen dürfen/müssen. Der eigentliche Mitsing Teil, auch für Nicht-Inder geeignet, verpufft ein wenig, weil die Band zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist, und das Publikum nur peripher beachtet.
Zu meinem (und wahrscheinlich auch einigen der anderen Zuschauer) Erstaunen geht die Band aber nun von der Bühne. Ein Blick auf die Uhr. Es sind 50 Minuten vergangen! Nun ja, ein paar Pfeile haben die sechs Jungs ja noch im Köcher. Drei Songs von „Rakshak“, das kongeniale Cover von „Mundian To Bach Ke Rahi“….. aber nichts davon kommt. BLOODYWOOD kommen erneut auf die Bühne, es wird nochmal „Gaddar“ gespielt, und das war es dann.

Das mit dem frühen Feierabend hatte ich ja nur im Scherz gesagt, ist aber nun Tatsache. Gerade einmal eine Stunde spielen BLOODYWOOD. Das empfinde ich tatsächlich als etwas zu wenig für eine Band, die zur Zeit auf allen Kanälen zu finden ist. Auch empfinde ich den Auftritt als zu routiniert und durchdacht, zu keinem Zeitpunkt habe ich das Gefühl, dass gerade etwas Spontanes auf der Bühne passiert.
Unbeeindruckt von dieser Sachen ist es die Wucht, mit der die Kapelle punkten kann. Alle sind in Bewegung, es tropfte mal wieder von der Decke im Logo und Gitarrist Karan lief der Schweiß in Bächen runter.
BLOODYWOOD sind live definitiv einen Besuch wert, für eine erneute Club Tour muss die Band sich aber steigern.

Not everyone likes Metal - Fuck them!!!