ARCH ENEMY, BEHEMOTH, CARCASS, UNTO OTHERS / EDEL-OPTICS.DE ARENA, HAMBURG

Billing

Arch Enemy, Behemoth, Carcass, Unto Others

Ort

Edel-Optics.de Arena / Hamburg

Datum

30.10.2022

Bilder

Marc Schallmaier

 

Entgegen meiner sonst so üblichen Gewohnheit bin ich tatsächlich heute pünktlich bei der (neuen) Halle im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg. Gebaut für die Internationale Gartenschau 2013, wurde ein Jahr später das Objekt zur Sporthalle umgebaut. Seitdem ist sie vor allem die Heimspielstätte des Hamburger Basketball Vereins „Hamburg Towers“. Konzerte finden erst seit ein paar Jahren statt, und so ist dies tatsächlich meine erste Begegnung mit dieser Location.
Als ich ankomme rutscht mir aber schon ein wenig das Herz in die Hose, denn die Schlange ist besorgniserregend lang. Und heute wollte ich doch wirklich ALLE Bands dokumentieren! Zu meinem Glück gibt es aber einen separaten Presse Eingang und ich komme pünktlich in die Halle.

UNTO OTHERS

Viele andere aber anscheinend nicht, denn als UNTO OTHERS beginnen ist die Halle so gerade eben zur Hälfte gefüllt. Ich kann allerdings nicht sagen warum sich der Einlass verzögert. Gabriel Franco, stilecht mit Sonnenbrille, macht gute Miene zum bösen Spiel. Auch die Tatsache, dass man hier vor einem Publikum spielt, dass eher härtere musikalische Kaliber konsumiert, stört das Quartett aus Portland nicht wirklich. Routiniert und ohne großen Schnickschnack werden Songs wie „Can You Hear The Rain“, „Nightfall“ oder „Summer Lightning“ runtergezockt. Kommunikation mit dem Publikum gibt es auch so gut wie keine, UNTO OTHERS vertrauen auf ihre Mischung aus Metal und Gothic. Die vier Amerikaner werden recht wohlwollend vom Publikum aufgenommen, ob sie sich hier eine neue, größere Fanbase erspielen wage ich aber zu bezweifeln. Der etwas schwammige Sound verhagelt mir ein wenig den Auftritt, denn gerade die gradlinigen Melodien sind ein Pluspunkt. Wenn die aber nur verschwommen wahr genommen werden können ist das ein kleiner Downer.

CARCASS

Mit der Meinung, dass CARCASS wirklich dringend eine Headliner Tour machen müssen, bin ich nicht alleine. Aber sei es drum, genieße ich eben die dreiviertel Stunde die ich jetzt serviert bekommen.
Mit „Buried Dreams“ geht das schon richtig gut los, es folgen „Kelly’s Meat Emporium“ und „Incarnated Solvent Abuse“, dass dann nahtlos in „Under The Scalpel Blade“ übergeht. Schön für uns Fotografen: da von der Security niemand mit dem Material der Engländer vertraut ist, können wir einen Song länger als sonst fotografieren.
Große Kommunikation von Jeff Walker und Bill Steer sowie den beiden Mitmusikanten ist man ja eh nicht gewohnt, so dass es ein paar sehr kurze Worte an das nun doch schon sehr zahlreich vorhandene Publikum gibt. Ansonsten lässt man die Musik sprechen, und da gibt es mit „This Mortail Coil“, „Dance Of Ixtab“ und „The Scythe’s Remorseless Swing“ drei echte Kracher. Die Meute direkt im Pit gibt da schon mal ordentlich Gas, Köpfe und Hände werden geschüttelt und ein kleiner Mosh Pit ist auch zu erkennen.
Zum Abschluss gibt es dann die beiden Granaten „Corporal Jigsore Quandary“ und, natürlich, „Heartwork“! Absolut großartig, CARCASS spielen wie aus einem Guss, und nochmals stelle ich hier die Forderung einer eigenen Headliner Tour! Die Engländer gehören zu den absoluten Death Metal Top Acts, da sollte das doch mal möglich sein.

BEHEMOTH

An Nergal und seinen Kollegen führt kein Weg vorbei, wenn man von der Königsklasse des Black Metal spricht. Ob man das schwarz-metallische Gebräu nun mag oder nicht, man muss dem polnischen Quartett einfach zugestehen und anerkennen, dass sie es geschafft haben, eine extreme Art des Heavy Metal recht massenkompatibel zu gestalten. Und das ohne sich großartig zu verbiegen! Das wird jeder Satanist und Black Metal Fanatiker natürlich abstreiten, der nach dem Motto lebt: „Nach dem Demo gings bergab!“ True ist nur der Untergrund blablubb….
BEHEMOTH schert das herzlich wenig, „Post-God Nirvana“ als Intro, bevor mit „Ora Pro Nobis Lucifer“ die Post abgeht. Das Quartett ist ein absolut eingespieltes Team, an den richtigen Stellen gibt es entsprechende Akzente, die eben nicht von Nergal gesetzt werden, und so gibt es auch Abwechslung in einem fulminanten Set. Der Frontmann glänzt durch Kostümwechsel und viel Kommunikation mit dem Publikum, verbal wie nonverbal, wobei ich immer noch Probleme habe bei Black Metal mitzuklatschen. Das passt einfach nicht und fühlt sich falsch an.
BEHEMOTH spielen ein famoses Konzert, Songs von insgesamt 7 (!) Alben kommen zum Einsatz, der Bärenanteil von vier Songs vom letzten Output „Opvs Contra Natvram“. Lediglich einen Wermutstropfen gibt es: in der Halle ist keine Pyrotechnik erlaubt, und so kommen lediglich die CO2 Effekte heute zum Einsatz. Eine ganz starke Aktion kommt aber erst, als der letzte Akkord verklungen ist: Nergal drapiert eine iranische Flagge an den Mikroständer, auf der die Worte „Women, Life, Freedom“ stehen. Großartig!

ARCH ENEMY

Ich glaube so vor zehn, zwölf Jahren, kurz nach der Veröffentlichung von „Khaos Legions“, kam der Ball ARCH ENEMY richtig ins Rollen. Und ich kann mich noch lebhaft daran erinnern, wie wir in Wacken 2014 noch Scherze darüber machten, das ARCH ENEMY wirklich an jeder Steckdose spielen würde (und eben auch in Wacken mittags um 12.00 Uhr, was aber auch damals schon eine echte Frechheit war).
Aber die Band hat ihren Weg gemacht, und auch wenn ich persönlich nicht mehr viel mit der Truppe anfangen kann: live ist das immer noch ein ganz sichere Bank. Davon zeugen nicht nur hunderte von Fans mit ARCH ENEMY Shirts, sonder auch der imposante Bühnenaufbau, für den aber auch stolze 45 Minuten als Umbaupause eingeplant wurde.
„Deceiver, Deceiver“ ist der Einstieg, bevor mit „War Eternal“ ein erster Klassiker intoniert wird. Überhaupt ist die Songauswahl, trotz sechs Liedern vom aktuellen Album, ein bunter Querschnitt durch nahezu alle Schaffensperioden von ARCH ENEMY. Da wiegt es auch nicht wirklich schwer dass vieles von dem, was da auf der Bühne passiert, nicht wirklich spontan erfolgt. Sei es Alyssas Sprung vom Drumriser innerhalb der ersten drei Tracks oder das „Gitarrenduell“ zwischen Jeff Loomis und Michael Amott. Das ist schon hunderte Male durchexerziert worden, begeistert aber immer noch das Publikum. Und darauf kommt es ja an!
Ich persönlich freue mich über ganz alte Kamellen wie „My Apocalypse“ oder auch „Fields Of Desolation“. Die Lightshow passt (wie auch bei BEHEMOTH gibt es keine Pyros heute), der Sound ist bei allen „großen“ Bands absolut topp, und ja, eine gewisse Spielfreude lassen ARCH ENEMY auch heute durchsickern. Frontfrau Alyssa White-Gluz ist gut bei Stimme, und einer ihrer größten Pluspunkte war schon immer der Kontakt mit dem Publikum, dass sie ganz locker im Griff hat.
Ob man unbedingt ein Gitarren Solo von Jeff Loomis braucht? Ich halte sowas heutzutage für völlig überflüssig, aber der Saitenflitzer erhält nach seinem Gefidel Sonderapplaus. Der einzige Schwachpunkt meiner Meinung nach, der das glorreiche Ende des Abends mit „As The Pages Burns“, „Snow Bound“ und „Nemesis“ kurz unterbricht.

Not everyone likes Metal - Fuck them!!!