Jeff Scott Soto – macht das Beste draus

Ich habe sicherlich viele Scheiben auf denen Jeff Scott Soto (Talisman, W.E.T., Sons Of Apollo) in den letzten 35 Jahren gesungen hat. Aber immer noch nicht alle. Jetzt bringt der US-Sänger ein starkes neues Soloalbum heraus und ich war froh den Hünen mal wieder nach 17 Jahren für ein Interview an der Strippe zu haben.

Jeff, ich will dich auch nicht zu Unsinn wie Präsidentenwahl befragen…

Das ist auch gut so (lacht), der ganze Quatsch, ich will auch lieber über mein Album reden.

War das Album eigentlich für dieses Jahr geplant, wieso war denn der Alessandro de Vecchio da stark beteiligt und wo kommt die Band her?

Das Album war eigentlich früher für das Jahr 2020 geplant, wir haben ein paar ausgesuchte Musiker darauf spielen lassen. Alessandro schrieb all die Musik und auch die ganzen Demos ein, während ich die ganzen Texte schrieb, der Drummer ist aus Brasilien. Das ist mein Drummer aus der Band Soto der klingt zwar italienisch, ist aber aus Brasilien, war auch in der JSS Band. Der Gitarrist ist auch aus Italien und ein guter Freund von Alessandro. Das ist ein toller Gitarrist der auch endlich mal mit diesem zusammenspielen wollte, was auf meiner Scheibe auch geschafft hat. Auch an der Gitarre bei einem Solo und sonst Backing Vocals war dann noch August Zadra ein Freund von mir der bei Dennis De Young singt und spielt. Es waren also mehr Studiomusiker als eine Band, eine Band ist SOTO. JSS ist nicht mit festem Line-up ausgestattet.

Ist das eher eine Scheibe die schon lange fertig ist oder dank Covid 19 beschleunigt wurde in der Entstehung?

Nein, nein. Das Ganze wurde im Dezember 2019 geschrieben. Natürlich war das Thema Covid19 allgegenwärtig, sogar mit der Band Sons Of Apollo, wir leben alle in den USA können wir nicht in ein Studio gehen so lange, auch wegen des Budgets. Dort werden meist die Drumtracks aufgenommen. Wir machen den Rest alle daheim in unseren eigenen Studios oder an Orten unserer Wahl. Auch mit Talisman und anderen Sachen läuft das so ab. Das Album hier wurde vor Covid aufgenommen, während Covid hatte ich Zeit mir das Alles noch mal anzuhören und was am Gesang zu ändern

Ich hatte mal heute Zeit, habe viele deiner Soloscheibe quer gehört und muss sagen die klingen alle anders, war das so beabsichtigt?

Ich startete meine Solokarriere mit einer schrägen Scheibe namens „Love Parade“ die rein gar nichts mit Hard Rock oder Melodic Rock zu tun hatte! Das war der Beginn meines eigenen Kurses. Ich mag es nicht Soloscheiben zu machen die nach anderen Bands oder Veröffentlichungen von mir klingen. Das ist doch der Punkt einer Soloscheibe! Eine Soloscheibe soll doch nicht nach Talisman, SOTO oder sonst was klingen., da sollen die Sachen drauf die nicht auf andere Veröffentlichungen passen. Das bin ich auch froh dies machen zu können Für dieses Album habe ich die Richtung und die Produktion an Allessandro abgeben. Er entschied über Musik und Atmosphäre und Elemente die er bei meiner Stimme toll findet. Er mag auch meine Karriere. Ich hatte also einen Außenstehender der auf meine Laufbahn geschaut hat und hat das was ich schon gemacht habe früher in eine moderne, zeitgemäße Form gebracht.

Das finde ich toll was du sagst! Viele Musiker machen leider solo wenig anders als bei ihren Bands und haben oft keinen der von außen hilft. Für mich ist das eine klassische Scheibe für JSS mit zeitlosem Sound.

Das freut mich! Diese Musik ist ja auch nicht mehr so populär wie früher als ich mit dieser Karriere angefangen habe. Diese Scheibe ist gut um alte Fans bei der Stange zu halten, aber vielleicht auch um neue Fans zu finden oder Musiker zu beeinflussen. Die haben jetzt auch die Chance was Frisches zu finden, klar habe ich auch tolle Scheiben mit diversen Formationen in der Vergangenheit gehabt. So können sie altes und neues entdecken.

Mir gefällt auch die Bonus-CD, da warst du ja live 2019 auf dem „Frontiers Rock Festival“. Diese Aufnahmen gab es bisher nur digital. Nun als wertige Bonus-CD, war dir das wichtig?

Das ist eine Art Testament! Jeder weiß die Verkäufe von physischen Tonträgern wird immer weniger, es gibt so viele Künstler die gar keine physischen Produkte mehr anbieten, da diese mehr kosten als sie einbringen! Diese Leute wollen dann den Stream. Die wollen Musik ohne Artwork, die interessiert es auch nicht mehr. Aber deshalb finde ich es total gut von Frontiers das sie den Fans die Möglichkeit gibt den Bonus, den Inhalt wirklich zu kaufen. Ich war sehr bestürzt darüber, dass das Konzert so kurz war. An diesem Abend habe ich mehr Medleys versucht, damit ich mehr Lieder in das Konzert unterbringen konnte! Aber mit einer 50 Minuten Setlist konnte ich keinen 16 Lieder unterbringen, das war halt meine Idee. Aber nach dem Mixing, Editing und all dem was man macht damit das eine gute Show ist mit einem richtigen Fluss war das Teil nur 42 Minuten lang (lacht). Ich bat Frontiers das nicht als normales Album zu verkaufen, da dann Leute kommen würden die sich abgezockt fühlen würden! Ich wollte nicht, dass die Leute denken das Label und ich wollen nur ihr Geld. Das Label verstand dies, brachte es erst mal digital heraus und wollte es bei einem neuen Album als Bonus-CD dabeihaben. Das war die beste Wahl am Ende!

Tolle Idee! Ich sage ja immer zu meiner Frau wenn Jeff singt muss er alle Hits am Start haben und mindestens zwei Stunden auf der Bühne stehen!

(lacht). Ich bin froh, dass ich nach 35 Jahren immer noch hier stehe und die Leute sich über neue Musik von mir mit mir unterhalten und diese auch wollen. Ich weiß ja wie es ist, wenn man Musik von einem „klassischen“ Künstler hört oder kauft. Du vergleichst die Sachen immer mit den alten Veröffentlichungen aus einer Zeit wo du jünger warst und die Hörgewohnheiten auch etwas anders waren. Als die Band mehr als eine Band war und das Album mehr als ein Album war. Manchmal wird der neue Stoff überschattet von altem Material und da freue ich mich immer mit jemanden wie dir über neues Material zu sprechen.

Du lebst ja auch nicht in der Vergangenheit was wichtig ist! Die Welt ist ja auch anders heute, diese Covid Sache ist auch schwieriger für dich als Künstler. Es gibt keine große TSO Tournee. Machst du online Konzerte?

Ich mach das nur mit TSO, ich habe das am Anfang der Pandemie etwas gemacht, aber jetzt nicht mehr. So sehr ich auch für Menschen singen möchte, wenn ich diese nicht sehe oder höre ist das für mich zu kalt und leer. Ich weiß, dass da Menschen hinter dem Schirm sitzen, aber ich sehe nur die Menschen die den Livestream filmen. Das hat nicht das Feeling einer Liveshow für mich. TSO ist die einzige Möglichkeit die Weihnachtsshows zu machen, aber für mich ist das nichts, ich brauche Menschen. Es fühlt sich auch nicht gut an, man steht auf der Bühne um Reaktionen zu bekommen, so bekommt man aber keine. Ein reserviertes Publikum ist vielleicht genauso, aber die Qualität eines Konzertes steigt manchmal auch mit dem Publikum das mitfeiert, worauf der Künstler mehr aus sich raus geht. Ich sehe das nicht und weiß dann nicht wie es ankommt. Ich habe keinen Lust auf dauerhafte Virtualshows oder Autokonzerte!

Ich habe nur zwei Streams gesehen und das war für mich ehrlich gesagt nach einer Zeit ganz schön langweilig. Du warst in den letzten Monaten, ja auch etwas online aktiver so kam es mir vor. Hattest du denn genug zu tun die letzten Monate, oder warst du eher unterbeschäftigt?

Nein, ich bin echt beschäftigt! Während des 1.Lockdowns habe ich viel gemacht, ich habe für Frontiers das 1. Album der neuen Band Spectre mitgeschrieben, da sind Leute von SOTO an Bord. Ich habe die Scheibe halt mitgeschrieben und produziert.  Das neue W.E.T. für Januar 2021 habe ich auch gemacht. Ich sang alle Backing Vocals für das neue Soloalbum von Joel Hoesktra. Ich mache Quarantänevideos, Sessions und ich habe Streams gemacht, zwischen März und Oktober habe ich bestimmt auf 100 Liedern gesungen! Manchen Sachen werden als Kollaborationen veröffentlicht. Da ist eine neue Band / Projekt über das ich noch nicht reden kann. Ich bin aber beschäftigt und versuche mit den Fans in Kontakt zu bleiben!

Das neue W.E.T. Album, ist auch wieder ganz anders als das letzte?

W.E.T. ist ja nur ein Studioprojekt aus drei Bands, wir machen ja nur alle paar Jahre was. Wir wollen aber mehr machen, jedoch nicht zu viel. Die Fans sind aber interessiert und wir müssen vieles beachten, wenn wir eine Scheibe machen. Das letzte Album ist drei Jahre nach dem letzten W.E.T. Album erschienen, genau wie mein letztes Soloalbum genau drei Jahre auf den Tag genau nach dem letzten erschienen ist. Das ist schon abgefahren! Ich bin auch glücklich so viel machen zu dürfen, kreativ zu sein. Es ist eine gute Zeit sich zu sammeln und auch irgendwie interessant.

Da hat der gute Jeff Recht!

"Ein Gitarrenriff sollte nie länger sein, als es dauert, eine Bierflasche zu köpfen.“ Lemmy Kilmister (Motörhead)