DAVID JUDSON CLEMMONS – WENN ZEIT KEINE ROLLE SPIELT

Band

David Judson Clemmons

Interview vom

06.04.2025

Mit DAVID JUDSON CLEMMONS stellte sich kürzlich bei uns ein sehr interessanter Künstler vor, der zwar schon sowohl Solo als auch bei diversen Bands und Projekten im progressiven Bereich über reichlich Erfahrung verfügt, trotzdem aber leider nicht den Erfolg einfahren konnte, die seine Musik zweifellos verdient hätte. Gerade aus diesem Grund führte ich ein Interview mit dem Gitarristen und Sänger aus den USA, der seine beruflichen Zelte mittlerweile in Brandenburg als Gitarren-Lehrer aufgeschlagen hat. Schließlich ist es ja nie zu spät, dem Musiker einen kleinen Stups Richtung höheren Bekanntheitsgrad zu geben. Außerdem ist sein letztes Studioalbum „Everything A War“ (siehe Review) eine fette Empfehlung für alle Freunde anspruchsvoller Rockmusik wert! So teilt DJC mit uns seine durchaus nicht alltäglichen Einstellung zum Musik Business, eigene Ansprüche sowie weitere für ihn wichtige Dinge, die zum Glücklichsein dazugehören.

Hallo David, im Info-Schreiben zu deiner neuen Platte ist zu lesen, dass dein Fulltime-Job als Gitarrenlehrer an mehreren Musikschulen dein Schaffen/Leben positiv beeinflusst hat. Kannst du diesen sehr interessanten Aspekt unseren Lesern näher erklären?

Klar… Es ist einfach großartig, jede Woche direkt am Lernprozess mit so vielen, über 50 Schülern beteiligt zu sein und ihnen zu helfen, ihren Weg auf dem Instrument zu finden. Der positive Einfluss ist einfach wunderbar. Es ist, als würde ich die verschiedenen Aspekte meines musikalischen Lebens miteinander verbinden. Ich wollte schon immer einen positiven Einfluss auf die nächste Generation haben, und genau das ist es. Auch dass ich jetzt jeden Tag spiele, den ganzen Tag über und Lieder singe, hat mir beim Songwriting geholfen. Ich konnte dieses Mal direkter sagen, was ich wollte.

Warum bist du eigentlich aus den USA nach Deutschland gezogen und wann war das? Hatte das auch Auswirkungen auf dein Songwriting und vielleicht sogar auf den Stil, den wir auf „Everything A War“ hören?

Ich bin seit 2000 in Deutschland, also schon recht lange. Meine Zeit in den USA hat mich natürlich geprägt, aber die Kombination aus meinem ersten Lebensabschnitt in den USA und meinem jetzigen Aufenthalt in Deutschland hat einen interessanten Stilmix hervorgebracht. Ich liebe es, weil ich südamerikanische Musik, 80er- und 90er-Rock aus Los Angeles, ich lebte dort von 1986 bis 2000 und Virginia von 1966 bis 1986, einfließen lassen kann. Dadurch habe ich innerlich Zugang zu verschiedenen Gefühlen und musikalischen Hintergründen. Das Schönste daran ist, dass es ehrlich ist und tief in meinem Blut liegt, sodass es ganz natürlich zum Vorschein kommt.

Ist die Musik auf deinen früheren Alben stilistisch genauso einzuordnen wie auf dem aktuellen Album? Oder verändern einfach die Jahre bzw. die Lebenserfahrung auch die Musik?

Der größte Unterschied dieses Mal war, dass ich sehr entspannt war und mir die Zeit genommen habe, die ich wollte bzw. brauchte. Ich wollte sicherzustellen, dass die Songs fertig waren und dass es die richtigen waren. Ich habe durch meine aktuelle Arbeit als Lehrer und auch durch meinen Schlagzeuger Felix gelernt, geduldiger zu werden. Er war eine große Inspiration, mir Zeit zu nehmen, so dass alles so gut wie möglich wurde. Außerdem bin ich jetzt ein verdammt alter Mann und werde natürlich auch langsamer, haha!!

Das kenn ich von mir selbst auch! Jeder Künstler hat ja so seine eigenen Einflüsse. Welche sind das bei dir? Da gehören doch bestimmt auch PINK FLOYD dazu, oder?

Ein bisschen vielleicht. Ich höre von einigen Seiten, dass viele Anspielungen auf DAVID BOWIE und PINK FLOYD in meiner Musik zu hören sind, aber eigentlich habe ich sie früher gar nicht viel gehört! Eher NEIL YOUNG, BLACK SABBATH, IRON MAIDEN. Ich mag auch viel ausgefallene Popmusik wie PRINCE oder JEWEL. Momentan höre ich eher langweilige Musik, die ich liebe, z.B. den irischen Songwriter CHRISTY MOORE, BRUCE SPRINGSTEEN oder auch alte Sachen wie INDIGO GIRLS. Ich weiß, mein Geschmack ist funky und es klingt vielleicht verrückt, aber einige dieser Sachen haben meinen Stil wirklich geprägt. Ich würde sagen NEIL YOUNGs „Rust Never Sleeps“ ist mein größter Einfluss. Später habe ich mich sehr für „Master of Puppets“ interessiert, das hat mich dann mehr in Richtung Metal getrieben.

Viele deiner neuen Lieder klingen sehr melancholisch. Ist die Melancholie ein Gefühl das du gerne magst? Dabei bitte ich, Melancholie nicht mit Traurigkeit zu verwechseln.

Ich versuche, ehrlich zu schreiben und mich von meinen Ideen und Gefühlen leiten zu lassen. Als Kind habe ich es immer geliebt, mit Kopfhörern Musik zu hören und mich in eine Fantasiewelt zu träumen. Das ist immer noch mein Ziel. Heute bin ich überzeugt, dass es am wichtigsten ist, seinen eigenen Stil zu finden und nicht Trends, Geld, Erfolg oder Macht hinterherzujagen … das ist lächerlich und hat nichts mit der Arbeit eines wahren Künstlers zu tun.

Da gebe ich dir absolut Recht und trotzdem machen es viele Künstler! Dass du gut sehr gut Gitarre spielen kannst weiß ich. Hast du dir das selbst beigebracht oder hattest du früher selbst einen Lehrer? Und wie sieht es mit dem Singen aus? Auch Gesangs-Unterricht genossen?

Haha, lustige Fragen… Ich habe erst mit 13 angefangen, Gitarre zu spielen. Meine erste Gitarre habe ich einem Freund abgekauft und einen Monat gebraucht, um sie zu stimmen. Ich hatte nicht viel Hilfe… ein paar Freunde haben mir etwas gezeigt, dann habe ich ein paar Sachen wie AC/DC-Riffs bekommen. Später hat mir meine Oma eine bessere Gitarre gekauft, dann wurde ich tatsächlich mit der Zeit immer besser. Damals habe immer Lieder von Platten gelernt, die Nadel immer wieder zurückgesetzt. Ich hatte auch ein paar Bücher, Mel Beys Lehrmethode, eigentlich nur Bilder von Akkorden. Dann habe ich weitergemacht, habe eine noch bessere Gitarre bekommen und mit 16 konnte ich richtig spielen und hatte Bands in Virginia. Wir haben auf Partys gespielt, bis ich dann 1986 nach Los Angeles gezogen bin und wie verrückt geübt habe, 8 Stunden am Tag! Ich suchte einen guten Sänger, den ich aber nie gefunden habe, also habe ich selbst gesungen. Ich habe wie James Hetfield angefangen nur rumzubrüllen, haha! Meine Freunde sagten zu mir, dass ich ein furchtbarer Sänger sei. Aber ich wollte es unbedingt, deshalb habe ich weitergemacht. Und jetzt? Ja, es klingt verrückt, ist der Gesang eine Stärke meines Musikstils!

Da du gerade einen Plattenspieler angesprochen hast: Wie ist deine Meinung über den aktuellen Vinyl-Hype? Hast du zuhause auch noch einen Plattenspieler?

Ja, aber ich habe aber leider nie Zeit, Alben anzuhören! Ha, die sind aber toll, gerade wenn ich bedenke dass ich so angefangen habe, Musik zu hören und zu lernen.

Ich stelle es mir teilweise anstrengend vor, sowohl hauptberufsmäßig als auch in der Freizeit so viel Zeit mit Musizieren/Musik lehren zu verbringen. Gibt es denn noch andere Dinge bei dir, um zu entspannen wie Sport oder Reisen? Du hast doch bestimmt Familie nehme ich an, wenn die Dame mit der schönen Stimme Maisha Judith Clemmons deine Frau ist?

Nein, Maisha ist meine Tochter! Sie ist 16 und hat gerade angefangen zu singen. Das war ihre erste Aufnahme für eine Platte. In meiner wenigen Freizeit repariere ich gerne Dinge, mag z.B. Schreinern, ganz normale Sachen. Sport und Reisen sind mir egal. Ich liebe halt Musik, mache sehr gerne Musik, spiele gerne Gitarre und mein Job als Lehrer ist schlicht und ergreifend großartig. Ich habe mit meiner Frau sieben Kinder, was auch auch etwas Zeit in Anspruch nimmt wie du dir vorstellen kannst, haha! … Meine Frau ist wunderbar, aber wir haben einfach immer Arbeit und kaum Freizeit!

Das kann ich mir vorstellen! Letzte Frage: Wie sieht es bei dir eigentlich mit Live-Auftritten aus? Gibt es mal die Chance auf Konzerte?

Nur vereinzelt und hier im Berliner Raum, es ist für mich keine Priorität. Live-Auftritte sind mir zu einer echten Qual geworden! Vielleicht gibt es ja im Winter 2025 eine Release-Show. Ich habe bisher jedoch vier Solo-Shows mit Andrej von DYSE gebucht. Schaut mal auf meiner Webseite vorbei!

Wir drücken dir die Daumen und danken für dieses nette, informative Gespräch!

Die Melodie muss stimmen!