Keine einzige meiner KNORKATOR -Rezensionen seit der Reunion kam ohne negative Kritik am neuen Kurs aus! Bis heute. Denn was meine Ohren auf „Sieg der Vernunft“, dem 10. All-Bumms der sympathischen Berliner vernehmen dürfen, ist streng genommen eher eine Kurskorrektur gen Wurzeln. Damit meine ich nicht mal den Fäkalhumor im eröffnenden und grandiosen „Die Welt wird nie wieder so wie sie vorher war“, sondern vielmehr die catchy Art, wie die Mannen imstande sind Songs zu schreiben. Klar, die letzten vier Platten hatten hier und da auch Hits und Ohrwürmer, doch fand ich diese musikalisch häufig zu beliebig und bieder. Die Art, wie Buzz Dee wieder rifft, Alf erhabene Melodien schichtet oder Stumpen seine wahnwitzigen Zeilen intoniert sind deutlich mehr Prä-Split und vor allem Klassiker-verdächtig als alles nach 2011.
Dabei – wage ich zu behaupten – haben KNORKATOR den Spagat geschafft, vermeintlich ewig gestrige Nörgelnelken wie mich, aber auch ihre über die letzten 10 Jahre gewachsene „neue“ Fangemeinde gleichermaßen zufrieden zu stellen, haben sie im Groben doch nichts anders gemacht.
Der bereits erwähnte, famose Opener, das ebenfalls bereits vorab ausgekoppelte und extrem schmissige und in den Riffs nach vor treibende „Milliardäre“ waren gute Singles. Der Titelsong wartet mit dem typischen KNORKATOR Humor auf, und die letzte Single „Tut uns leid“ besticht durch böse Sozialkritik. Diese wird aktuell immer wieder positiv hervor gehoben, und auch ich denke, dass der Band diese zynischen Töne gut zu Gesicht stehen, wenngleich es auch kein allzu großes Novum darstellt, man höre z.B. „Eigentum“ oder „Geld“ von „Das nächste Album aller Zeiten“.
Ich bin mir zwar nicht sicher, ob ich den Text von „Ihr habt gewonnen“ verstanden habe, doch die Musik, allen voran die Chöre sind die Macht. „Menschenfleisch“ wiederum funktioniert ganz anders, ist aber sowas von meinem Humor. Muss man gehört haben. „Sieg der Vernunft“ ist als Album kein „All Killer“-Ding geworden, muss es aber auch nicht. „Knurrkater“ beispielsweise ist ein Gag, der einmal funktioniert, zum Glück aber auch nur 1 Minute dauert, während „Augen zu“ mit seinen 5:45 Minuten der längste und leider zugleich der schlechteste Song der Platte ist. Alle, die KNORKATOR sinnlosen Dadaismus unterstellen wollen kriegen hier Futter. Was mich letztlich nur ärgert, ist die knappe Laufzeit, und zieht man überflüssigen Ballast ab, bleibt gerade eine gute halbe Stunde. Dafür, dass es nicht KNORKATORS „Reign in Blood“ ist…
Doch im Ganzen funktioniert das hier und gibt mir große Hoffnung für die nächsten Platten, und bevor ich es vergesse: Dieses Mal haben sich unsere liebsten Flauschis in Sachen Artwork selbst übertroffen. Das Cover ist das Eine, doch das großartige und vor allem dicke Booklet bietet alternative Artworks aller (!) Studioalben + Unmengen an geisteskranker Kreativität. Wunderbar!