The Tea Party genießen in der internationalen Prog-und Rockszene einen ausgezeichneten Ruf, standen jedoch in Sachen Erfolg bei uns in Deutschland immer hinter den Kollegen von Rush zurück. Völlig unverdient, wie ich von meiner Seite aus betonen möchte! Ok, The Tea Party kommen ebenfalls aus Kanada, vielleicht dachten viele, das Trio deshalb auch musikalisch mit Rush vergleichen zu müssen. Aber das ist meiner Meinung nach der falsche Ansatz, denn derart progressiv wie Rush ist die Musik des Trios um Frontmann Jeff Martin nie gewesen, trotzdem allerdings immer höchst anspruchsvoll und abwechslungsreich zugleich sowie mit tollen Texten. Allein die Klänge einer indischen Sitar oder der Mandoline bei vielen Stücken ist etwas Besonderes, wobei das Grundgerüst des Sounds aus Blues und Classic Hardrock gebaut ist. Deshalb war ich 2006 auch traurig, als die Auflösung bekannt gegeben wurde. Frontmann Jeff Martin veröffentlichte fortan einige Soloalben und Drummer Jeff Burrows arbeitete gar mit Rushs Geddy Lee und Alex Lifeson in der Big Dirty Band zusammen. Dann folgte aber 2011 die Reunion, wobei das letzte Studioalbum „The Ocean At The End“ aus dem Jahr 2014 stammt.
Das Warten der Fans hat also endlich ein Ende, denn mit dem düster betitelten „Blood Moon Rising“ zum 30-jährigen Bestehen steht ein neues Epos in den Regalen. Und das startet mit „Black River“ und „Way Way Down“ erstmal bluesig und rifflastig hart rockend, bevor es mit dem schönen „Sunshower“ erstmals melodisch in AOR-Gefilde geht. Diese Mischung weiß auch nach so viel Auszeit absolut zu begeistern, ich kenne ehrlich gesagt keine andere Gruppe, die eine ähnlich reizvolle Mixtur anbietet. Und weil dann noch eine so großartige Halb-Ballade wie „The Beautiful“ dabei ist, weiß ich nicht, wieso diese Band in Europa nicht mehr Aufmerksamkeit zuteil wird. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass The Tea Party gewisse Scheiben nur in Eigenregie oder in Übersee veröffentlichen, so wie die EP „Black River“, deren Songs hier neben den neuen Liedern glücklicherweise ebenfalls vertreten sind. The Tea Party sind eben auch in dieser Hinsicht speziell. Das Titelstück mit dem Zusatz in Klammern „Wattsy’s Song“ ist musikalisch übrigens gar nicht so düster wie es der Titel vermuten lässt, sondern akustisch und mit feinen Chören eher ruhiger und melodisch angelegt. Ich mag gerade diese großen Unterschiede in den einzelnen Songs sehr gerne, weil so auch über Albumlänge die Spannung nie abfällt. Drei Coversongs gibt es außerdem, die zeigen, woher einige der Einflüsse stammen, nämlich Led Zeppelin („Out On The Tiles“), Joy Division („Isolation“) sowie Morrissey („Everday Is Like Sunday“). Da hoppelt also das Karnickel über die musikalischen Wiesen.