Dit is Berlin. Mit diesem lakonischen Satz begleiten Ureinwohner der Spreemetropole gerne allerlei Obskuritäten, die das Gemüt des Auswärtigen durchaus erschüttern können. Dann treten da auch noch HAERESIS aus dem Dunkel hervor und machen extremen Metal, irgendwo zwischen Post Metal und Black Metal angesiedelt. Musik also, die eher den Bewohnern einsamer Hütten in tiefen skandinavischen Wäldern vorbehalten zu sein schien als einem Quintett aus der Hauptstadt. Obendrein richtet man sich lyrisch nicht nur gegen den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sowie menschliche Gräuel allgemein, sondern auch beispielsweise gegen das Patriarchat.
Ihr merkt es schon selber, die Fallhöhe, in der HAERESIS auf „Si Vis Pacem Para Bellum“ unterwegs sind, ist mindestens so hoch wie der heimische Fernsehturm. Dass sie dabei mit ihrem ersten Langspieler aber nicht scheitern, belegt der Opener „Echoes of Ashes“ mit Gastbeiträgen von Natalya Androsova (Machukha) und Yaryna Borynets (Salt Falls und Lori). Ich könnte jetzt die wildesten lyrischen Umschreibungen abliefern um euch zu verklickern, wie der Song klingt und würde zwangsläufig scheitern. Ganz subjektiv: Mich holt er genauso ab wie damals die ersten Takte von „Suffocating In The Swarm Of Cranes“ von DOWNFALL OF GAIA. Mit „I Who Repel All Light“ geht es anschließend ähnlich grandios, aber Black Metal-lastiger weiter, genau wie im folgenden „Drifting Beyond Time’s Grasp“. Das episch-getragene „Eradicate Taciturnity“ stellt dann schon den Abschluss der Platte dar – und was für einen! Ein Brecher von über zehn Minuten, abwechslungsreich, aber dennoch mit rotem Faden und Spannungsbogen, der den geneigten Hörer in die Knie zwingt, als würde einem ein Kinnschlag mit einem Amboss verpasst. Inhaltlich geht es hier um „patriarchale Gewalt und transgenerationaler Traumata“ – der deutsche Oscar-Beitrag „In die Sonne schauen“ hätte hier durchaus den passenden Soundtrack abgreifen können. Chance verpasst – ihr solltet es besser machen und zugreifen.