DARK EASTER METAL MEETING – Erster Tag –

Billing

In Aphelion – Groza – Sulphur Aeon – Darvaza – Darkened Nocturn Slaughtercult – Agrypnie – Necrophobic – Candlemass – Thy Light – Schirenc Plays Pungent Stench

Ort

Backstage München

Datum

08.04.2023

Bilder

Kai von Wiarda

Pünktlich zum verlängerten Osterwochenende wurde die bayrische Landeshauptstadt in seinen Grundfesten erschüttert. Vom Samstag, 08.April bis Sonntag 09.April verwandelte sich das bekannte BACKSTAGE MÜNCHEN in ein tiefböses Epizentrum in der Historie des extremen Metal. Das etablierte DARK EASTER METAL MEETING sperrt seine höllischen Pforten auf und präsentiert auch diesmal ein diabolisches Line Up! Wie nicht anders zu erwarten waren sämtlich zur Verfügung stehende Tickets vergriffen und der Veranstalter konnte ein fettes Sold Out vermelden!

Im Vorfeld wurde durch Absagen einzelner Bands aus diversen Gründen noch einiges am diesjährigen Billing geschraubt. Rund achtundvierzig Stunden, welche mit großen und kleinen Highlight auf und neben der Bühne ausgestattet waren, sollten für ein weiteres unvergessliches Erlebnis sorgen. Doch erst einmal der Reihe nach. Nachdem die dunkle Jahreszeit einen so langsam aus ihren kalten und nassen Klauen entließ, zeigte sich der Samstag in der bayrischen Hauptstadt zunächst von seiner nassen und kühlen Seite. Der Wettergott, sofern es einen gibt, hat also am ersten Festivaltag kein Einsehen mit der heranpilgernden Fangemeinde aus Nah und Fern. In großer Erwartung auf eine exklusive Auswahl an extrem heftiger Musik wird die angestaute Vorfreude durch das äußere Nass nicht geschmälert.


S A M S T A G – 08. A P R I L

IN APHELION (Werk / 14:30 – 15:20 Uhr) 

Nun ging es endlich los. Pünktlich wie die Mauer eröffneten IN APHELION um 14:30 Uhr den Livemarathon im großen Werk. Als erste Band aufzuspielen und die anwesende Meute vor der Bühne einzuheizen ist oftmals keine dankbare Aufgabe. Doch das Eis zwischen dem NECROPHOBIC Sideprojekt und den mehr als merklich gefüllten Reihen zu diesem frühen Zeitpunkt war schnell gebrochen. Nach kurzen Soundproblemen grooven sich Sebastian Ramstedt und seine Mitstreiter voller Tatendrang schnell ein und lassen dabei eine Menge Spielfreude erkennen. Hier begeistern einige düstere Feinschmecker des Debüts „Moribund“ aus dem letzten Jahr auf eindrucksvolle Weise. Ein energiegeladener Auftakt welcher direkt große Lust auf mehr finstere Darbietungen macht.

GROZA (Halle / 15:25 – 16:15 Uhr) – ENDONOMOS (Club / 15:25 – 16:15 Uhr)

Nun ist es im Anschluss Zeit eine erste Stippvisite im Nebengebäude abzuhalten. Hier steht man zum ersten Mal vor der Wahl, ob GROZA oder ENDONOMOS einem die nächsten vierzig Minuten ihre musikalischen Künste präsentieren. Nach kurzem Abwägen wurden sowohl die Black Metaller aus Oberbayern in der Halle, als auch die tödliche Untergangsstimmung der vier Österreicher unter die Lupe genommen. Aufgrund des riesen Andrangs in der Halle konnte nebenan die kleinste Location auf dem Gelände ausschließlich nur über die Außentreppe über den Oberrang betreten werden. Hier machte es stellenweise ein etwas dünner Sound breit, wovon sich ENDONOMOS aber nicht beirren ließen mit ihrem überzeugenden Trauermarsch eine angenehme Stimmung zu verbreiten. Eine ganz andere Vehemenz fesselte parallel die anwesende Fangemeinde von GROZA. Leider konnte die Band nicht in gewohnter Stärke auftreten, dass es einen krankheitsbedingten Ausfall zu beklagen gab. Doch in gewohnt professioneller Manier zogen die drei Kapuzenträger ihr Set kompromißlos durch und wusste so auf ganzer Linie zu überzeugen.

SULPHUR AEON (Werk / 16:20 – 17:10 Uhr)

Eigentlich ist ‚Cthulhus Ruf’eine der bekanntesten Horrorgeschichten aus der Feder von H. P. Lovecraft, die in all den Jahren nicht von ihrer anziehenden Magie verloren hat. Ganz im Gegenteil, wenn man sich das aufkommende Gedränge im Werk zum Auftritt von SULPHUR AEON anschaut. Wer hier einen guten Platz ergattert hatte, durfte sich glücklich schätzen. Auch wenn die letzte Veröffentlichung „The Scythe of Cosmic Chaos “ mittlerweile fünf Jahre auf dem Buckel hat, hat die nordrhein-westfälische Band ausreichend melodisch geprägtes Todesblei im Gepäck, um eine tragende Liveshow zu bieten. Und so wurde an diesem späten Nachmittag wieder viel schwarzmalerische Leidenschaft vergossen. In einem packenden Rahmen wurde der bekannteste der ‚Großen Alten‘ musikalisch besungen und verehrt. SULPHUR AEON haben es auf beeindruckende Weise ein weiteres Mal  fertig gebracht die versunkene Stadt R’lyeh, dank der passenden Lightshow und einem satten Sound ihrer Fanbase noch näherzubringen.

DARVAZA (HALLE / 17:15 – 18:05 Uhr) – UPRISING (CLUB / 17:15 – 18:05 Uhr)

Ziemlich beseelt von dem Cthulhu Mythos wurde es anschließend Zeit für einen fiesen Doppelpack Black Metal. Während das Soloprojekt UPRISING sein gefeiertes Heimspiel im Club zelebrierte, verwandelte sich die Halle in ein fieses Permafrostgebiet. DARVAZA, das europäische Duo mit Nord-Süd-Gefälle, steht voll im Bann des Gehörnten. Kein Wunder, dass ihre finstere Performance einerseits zeitgemäß klingt und andererseits mit ordentlich viel Schaum vorm Mund geführt wird. Ganz im Sinne der bislang einzigen veröffentlichten Verderbnis „Ascending into Perdition“ aus dem letzten Jahr, verzichtet ‚Wraath‘ am Mikro auf das szenetypische hohe Screaming und verleiht dem Auftritt so eine mehr als bedrohliche Ausstrahlung.

DARKENED NOCTURN SLAUGHTERCULT (WERK / 18:10 – 19.00 Uhr)

Direkt im Anschluss an DARVAZA bzw UPRISING geht es weiter mit einem traditionellen Black Metal Akt im Werk aber diesmal in einer gänzlich anderen Ausprägung. DARKENED NOCTURN SLAUGHTERCULT aus Dormagen sind deutlich roher und old-schooliger unterwegs, giftig-satanisch statt melancholisch-rituell. Der Beweis, das Satanismus, Okkultismus, Dunkelheit, Tod, pure Böshaftigkeit sich in einer Band leibhaftig manifestieren, dafür steht die bitterböse Formation aus Nordrhein-Westfalen. Die vier Höllenfürsten sind in diesem Jahr für BETHLEHEM eingesprungen, was für die Black Metal Gemeinde mehr als nur eine optimale Lösung darstellt.  Dementsprechend verwandelt sich der Ort des Geschehens um kurz nach achtzehn Uhr in eine frostige Leichenhalle, bei der nicht auf obligatorische Symbolik eines umgedrehten Pentagramms sowie zwei Rinderschädel verzichtet wird. Passend zum Osterfest verkneifen sich D.N.S. nicht den blutig religiösen Seitenhieb in Form einer Dornenkrone. Nicht umsonst hat sich der Black Metal seinen menschenfeindlichen Ruf hart erarbeitet. Gewohnt biestig wird zum blutbesudelten Totentanz gebeten, bei dem die obligatorische Klassiker „The Dead Hate the Living“ und „Nocturnal March“ ein weiteres Mal zum Besten gegeben werden.

AGRYPNIE (HALLE / 19:05 – 19:55 Uhr) – VERMILIA (CLUB / 19:05 – 19:55 Uhr) 

Je öfter es in das Nebengebäude des Backstage geht, desto öfter fällt die Wahl auf die Halle. Hier residieren um kurz nach neunzehn Uhr AGRYPNIE aus Hessen. Eine erneut gute Wahl, auch wenn man der finnischen VERMILIA zur selben Zeit nicht ihre atmosphärischen Künste absprechen möchte. Allein die größere Räumlichkeit und der dazu passend abgestimmte Sound schlugen hier entscheidend mit zu Buche, die Halle auch in den restlichen Runden des Tages aufzusuchen. Somit erhalten die progressiven Post-Black Metaller den jetzigen Zuschlag. Dabei zeigte sich die Band mit ihren deutschsprachigen Texten, welche mittlerweile sechs Alben befüllten, spielerisch breit aufgestellt. Mit einer spontanen Eleganz werden die anfänglichen Abstimmungsprobleme im Timing geschickt ausgeblendet. Während des gesamten Auftritts gibt es einen ausgedehnten Trip durch die bisherige Schaffensphase der Hessen. Dabei greifen das Quartett immer wieder in die spielerische Trickkiste und holen einen ganzen Sack voller post-melancholischer Rasereien zu Tage, die im gesunden Einklang zu den ruhigen Parts stehen. Ein gelungener Auftritt der sogar mit der Premiere des Tracks „Meer ohne Wasser“ ein schwarzes Sahnehäubchen obendrauf verabreicht bekommen hat.

NECROPHOBIC (Werk / 20:00 – 20:50 Uhr) 

Zur besten Primetime um zwanzig Uhr ist es Zeit für eine Death & Black Lehrstunde. NECROPHOBIC geben sich im Werk die nächsten fünfzig Minuten die Ehre. Mit der Nieten- und Ledergang aus Stockholm geht es par Excellence zur Sache. Während Sebastian Ramstedt und Johan Bergebäck an der Gitarrenfront am frühen Nachmittag mit IN APHELION bereits Bühnenluft geschnuppert haben, zieht die Formation um Frontmann Anders Strokirk die Zügel doppelt so hart an. Bei der in klassischem rot blau getränkten Bühnenpräsenz kommt es nur bei wenigen Momenten zum Stillstand. Immer wird die Meute vor der Bühne eingepeitscht und es folgte eine Vielzahl von Positionswechsel am Bühnenrand statt. So finden neben bekannteren Klassikern auch rasende Nummern wie das kraftvolle „The Call“ oder der lärmende Höllenritt „Tsar Bomba“ ihren Weg in eine Setlist, die insgesamt gesagt einfach nur richtig Spaß macht. Angesichts ihrer bewegten Bandgeschichte freut man sich gleich doppelt darüber, dass NECROPHOBIC trotz diverser Rückschläge nach wie vor so viel Lust auf ihre Shows haben. Wer hier nicht auf seine Kosten gekommen ist, der darf sich direkt in die geschlossene Anstalt einweisen lassen!

SKYFORGER (HALLE / 20:55 – 21:45 Uhr)  – HYPNOS (CLUB / 20:55 – 21:45 Uhr) 

Auch ein Redakteur braucht nach dem bislang absolvierten Bühnenhopping eine kulinarische Auszeit. Diese wurde nach einer jeweils fünf minütigen Stippvisite sowohl im Club bei den Tschechen von HYPNOS als auch die Pagan Black Metaller SKYFORGER in der Halle eingelegt. Aufgrund dieser genommenen Pause fällt die kurze Berichterstattung über die beiden Konzerte aus. Die Zeit wurde zusätzlich investiert, um sich den äußeren Gegebenheiten des Backstage zu widmen. In den Bereichen Gleisbett, Terrasse und Vordach gibt es in gemütlicher Atmosphäre ausreichend Sitzgelegenheiten. Die organisatorisch räumliche Aufteilung der Essens- und Getränkestände ist an dieser Stelle sehr lobenswert. Zu keinem Zeitpunkt während des gesamten Festivals gab es keine langen Wartezeiten an den jeweiligen Verkaufstresen.

CANDLEMASS (Werk / 21:50 Uhr – 23:05 Uhr)

Nach der wohltuenden Stärkung stand mit CANDLEMASS der Top Act des ersten Tages an. Wenn man bedenkt, dass die gestandenen Schweden auch heute noch unangefochten zu der Creme de la Creme des Doom Metal gehören, dürfte der anstehende Auftritt der Veteranen als ein weiteres Stück geschichtsträchtiges Kapitel verbucht werden. Eigentlich braucht man über den fünfundzig minütigen Auftritt keine Worte verlieren. CANDLEMASS stehen auch an diesem Abend von der ersten Minute an für ein Kraftpaket der Extraklasse. Direkt zum Auftakt wurde dabei tief in die eigene Schatzkiste gegriffen und mit dem Doppelpack „Mirror Mirror“ & „Bewitched“ die bekannten Klassiker hervorgeholt. Ein meisterlicher Schachzug, bei dem sich eine faszinierende Atmosphäre im gesamten Werk eingenistet und jeder Besucher in seinen Bann gezogen hat. Absolut respektabel, wie Frontmann Johan Langquist als wandelndes Energiepaket über die Bühnenbretter rockte und Leif Edling gleichzeitig seinen Bass die gesamte Zeit über routiniert bearbeitete. Bei so viel vereinter Livepräsenz, die sich zur vorgerückter Stunde auf der Bühne vereint, stand jedem einzelnen die Spielfreude direkt ins Gesicht geschrieben. Auch wenn sich bei diesem Highlights zum Ende hin die Reihen bei der Zuhörerschaft merklich lichteten, wurde der Abschluss mit der epischen Vollendung „Solitude“ für die noch Anwesenden noch ein wahrer Leckerbissen verabreicht. Wieder einmal haben die Schweden auf beeindruckende Art gezeigt, warum sie immer noch zu den Topkünstlern im Doomsektor gehören.

THY LIGHT (Halle / 23:10 – 00:00 Uhr) – KVAEN (Club / 23:10 – 00:00 Uhr) 

Nach der euphorischen Doomkur ging es zum letzten Mal in die zum bersten gefüllte Halle. Kurz vor Mitternacht gab es hier zum Abschluss eine südamerikanische Uraufführung. Fern ab von freudigen Samba Rhythmen gab eine nostalgische Lehrstunde in Sachen tiefster Depressionen. THY LIGHT aus Brasilien feierten eine Livepremiere auf deutschem Boden ‚Adversus‘ der ansonsten die Taktstöcker bei INCARCERATION schwingt, reihte sich in die kaputzentragenden Corpsepaintfraktion mit ein. Zusammen wurde die mittlere Location in eine nostalgische Begegnungsstätte getauft. Für viele Black Metal Fans war dieser fünfzigminütige Auftritt in Sachen atmosphärischer Huldigung das insgeheime Highlight in diesem Jahr. Lyrische Ergüsse ganz anderer Art wurden im Club geboten. Mit skandinavisch geprägtem Heidentum offenbarte das Soloprojekt KVAEN seinen geschwärzten Mix aus Viking Pagan Metal. Dabei sorgte der Bandkopf Jacob Björnfot, den man unter anderen von THE DUSKFALL oder AUTUMN DEATH an der Klampfe kennt, für einen ausgewogene Stimmung in der kompakten Location. Beleuchtungstechnisch tauchte die kleine Bühne dabei in ein wenig stimmungsförderndes Gesamtbild. Das störte kaum jemanden, da es am Ende des innigen Sets viele zufriedene Gesichter in den Reihen des Publikums gegeben hat.

SCHIRENC PLAYS PUNGENT STENCH (Werk / 00:05 – 01:10 Uhr)

An dieser Stelle sollten eigentlich die schwedischen Death Metal Veteranen GRAVE das Backstage fachgerecht in eine Leichenhalle verwandeln. Doch aufgrund gesundheitlicher Gründe von Ola Lindgren musste der Gig leider ausfallen. Nun wiegt so eine kurzfristige Absage in diesem großartigen Billing schon schwer. Seitens des Veranstalters glühten sämtliche Telefonleitungen und es wurde mit  SCHIRENC PLAYS PUNGENT STENCH ein Ersatz gefunden. Trotz ihren kontroversen lyrischen Texte, welche sich nahtlos aus Gore und Paraphilia zusammensetzen sind die drei heimtückischen Österreicher immer für einen Spaß zu haben. Zum krönenden Abschluss gab es über eine Stunde lang eine beständig schwarze Komödie. Ohne optischen Blickfang wie einen bandeigenen Backdrop bot sich ein kahles Bühnenbild. Die Ansage zu Beginn „Alright Munich – We are Grave from Visby and this one is called ‚Into The Grave’“  lassen mit einem Augenzwinkern drauf schließen, das die Zukunft eine schwedisch-österreichische Zusammenarbeit mit dem Namen PUNGENT GRAVE oder so in Petto hält. Wie es sich für eine anständige Band gehört gab es eine obligatorische Mitgliedervorstellung. Am Schlagzeug Ronny Belgaström, ein gewisser Tobias Christiansen am Bass und last but not least Ola Lindgren ala Martin Schirenc persönlich am Mikro. Mit dieser Huldigung war die Nacht gerettet. Zwar hatten zu dieser vorgerückten Stunde die Reihen im Publikum merklich geleert, doch die hartgesotten Maniacs kamen auf ihre Kosten.  Ob der schwindende Zuspruch vor der Bühne mit der Absage der skandinavischen Death Metal Urgesteine selbst zu tun hat oder einfach der überschwänglichen Zuspruch an die beliebte Hopfenkaltschale den Ausschlag gegeben hat, bleibt ein jedem sein Geheimnis. Altbewährte Gassenhauer wie: ‚Dead Body Love‘ oder ‚For God Your Soul… For Me Your Flesh‘ wurden zum Besten gegeben und klangen in guter Soundqualität durch die Boxen. Mit dem Klassiker „Viva la Muerte“ von der 93er EP „Dirty Rhymes and Psychotronic Beats“ beschloss das ’skandinavische Alpentrio‘ den ersten ereignisreichen Festivaltag.

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