Der 24 Jahre junge Brite Connor Selby gilt als eines der hoffnungsvollsten Talente im Blues, der bei den UK Blues-Awards die Trophäe „Young Artist Of The Year“ gleich dreimal hintereinander (2020-2022) abräumen konnte. Sein wenig beachtetes Debütalbum „Made Up My Mind“ war gut zum Üben und erschien 2018, doch seitdem hat sich viel verändert in seinem Leben. Okay, seine schulterlangen Haare von damals hat er zu einer schicken Kurzhaar-Frisur schneiden lassen, aber das ist ja nur das Äußerliche. So durfte er schon Shows von THE WHO und PEARL JAM im Londoner Hyde Park eröffnen und im März ist er sogar als Anheizer mit BETH HART im UK unterwegs…sowas sollte seiner weiteren Karriere einen gehörigen Push verpassen!
Passend also dazu sein selbstbetitelter Zweitling, der mir in der Deluxe-Version mit vier zusätzlichen Songs und einer beachtlichen Spielzeit von über 75 Minuten vorliegt. Was mir zuerst auffällt ist eine coole Lockerheit in den Songs sowie diese soulige Stimme, die reifer klingt als die eines so jungen Sängers. Außerdem spielt er ganz hervorragend und songdienlich die Klampfe! In den soulig-bluesigen Songs wie „Falling In Love Again“ tolle Bläsereinsätze, die aber auch bei einem reinen Blues wie „If You`re Gonna Leave Me“ vorkommen dürfen. Die Gäule gehen mit dem Künstler nicht durch, jedoch habe ich auch nicht das Gefühl, dass CONNOR SELBY das braucht bzw. möchte. Die gefühlvollen, locker groovenden Songs mit Sinn für Melancholie (z.B. „Emely“) sind eher seine Baustelle, weshalb ich diese Scheibe ganz gut auch nebenbei hören kann. Auch richtiggehende Schmachtfetzen mit feiner Orgel gilt es zu genießen, „The Man I Ought To Be“ oder „Anyhow“ sind zwei Beispiele, die den Einswürfel im Whiskey schneller schmelzen lassen. Akustik-Gitarren bei „Hear My Prayer“ oder gar ein angedeuteter Gospel wie „Give Me A Sign“ beweisen die Vielseitigkeit des Briten und lassen, trotz der langen Spielzeit, keinerlei Langeweile aufkommen. Oft sind weibliche Backgrounds/Chöre Bestandteil der Lieder, was echt toll klingt. Auch die satte Produktion passt sich dem Qualitäts-Level der Musik nahtlos an. Ein wirklich gutes Blues-Album ohne aufdringlichen Härtegrad!
