BILLY TALENT – CRISIS OF FAITH

Vor ein paar Monaten traf ich einen guten Kumpel und wir unterhielten uns über aktuelle Death Metal Veröffentlichungen und die jeweiligen Favoriten von uns. Ich sagte, dass mir die neue CARCASS sehr gut gefalle, worauf mein Gegenüber mir entgegnete, dass die Scheibe schon nicht schlecht sei, aber es fehle ihm „der hier“! Und zeigte den Stinkefinger.
Was hat das mit BILLY TALENT zu tun? Nun, genau an diesen Satz musste ich denken als das erste Mal die neue CD der kanadischen Superstars durch die Lautsprecher röhrte. Der Opener „Forgiveness I + II“ kommt doch arg seicht und mit zahlreichen Bläser-Einsätzen daher.
Erst danach kommt die Maschine ein wenig ins Rollen, „Reckless Paradise“ & „I Beg To Differ“ ziehen das Tempo an und kommen mit schmissigen Refrains und gutem Riffs daher. Bei „The Wolf“ und „Reactor“ wird wieder ein wenig auf die Bremse getreten, „Judged“ hingegen mit seiner Laufzeit von nicht einmal 2 Minuten darf als Erinnerung gewertet werden wo die Band einmal herkam.
Das nachfolgende „Hanging Out With All The Wrong People“ rauscht ziemlich unspektakulär durch, für „End Of Me“ hat man sich Rivers Cuomo von WEEZER mit ans Mikro geholt. Und so klimpert der Song in bester WEEZER Manier vor sich her, was irgendwie schade ist. Denn so gern ich auch WEEZER mag, mich hätte es mehr gefreut wenn BILLY TALENT den Gastgesang in einer richtigen Granate genutzt hätten.
Der Abschluss von „Crisis Of Faith“ ist dann wieder versöhnlich, mit „One Less Problem“ und „For You“ zeigen BILLY TALENT was im Alternative Rock momentan der Stand der Dinge ist. Aber es fehlt eben auch der Stinkefinger!
Mir ist klar dass die Kanadier nie wieder so aggressiv, energiegeladen und radikal wie auf ihrem Debüt klingen werden. Das haben die letzten Alben schon gezeigt. Und eine Diskussion über „sellout“, „Mainstream Tauglichkeit“ oder ob die Band auch genug Hits für das Radio drauf hat führt zu nichts und ist seit dem „Black Album“ von METALLICA auch völlig unnötig. Bands bzw. Musiker entwickeln sich weiter, und einige wollen neue Wege oder andere Musikstile ausprobieren, das hat meiner Meinung nach nichts mit  „weich werden“ oder so zu tun. Klar gibt es auch die andere Seite, die Bands, die seit gefühlten Dekaden ihren Sound nicht verändert haben. Aber das ist eben künstlerische Freiheit und muss auch so akzeptiert werden.
Bei BILLY TALENT sehe ich eher das Problem einer gewissen Stagnation. Sicherlich auf einem hohen Level denn auf der neuen Scheibe ist wirklich kein Song dabei, den ich als totalen Rohrkrepierer bezeichnen würde. Aber so richtig etwas „Neues“ konnte ich auf „Crisis Of Faith“ auch nicht entdecken. Die etwas mehr als 35 Minuten können gut unterhalten, und der ein oder andere Song wird auch sicherlich für längere Zeit auf die Live Setlist wandern. Aber am Schluss komme ich zu dem Fazit, dass die Band ein sehr sicheres Album ohne große Experimente abgeliefert hat.