Die Dorks – Metalpunk, Musiktheorien und Tabulaturen

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Hallo Lizal, danke dass Du dir die Zeit nimmst. Erste Frage in dieser verrückten Zeit, wie geht es dir und deinen Jungs und wie erlebt ihr die aktuelle Situation?

Wir nutzen die Zeit ohne Live-Konzerte sehr produktiv, und arbeiten aktuell an unserem kommenden Album „Die Maschine Von Morgen“. Insgeheim immer in der Hoffnung, dass wir bald wieder on Tour gehen können. Musik ist die beste Ablenkung, wenn man so mitbekommt, was auf der Welt gerade abgeht und wie viele Leute gerade mit abstrusen Verschwörungstheorien durchdrehen

Da ich nicht davon ausgehe, dass viele unserer Leser eure Band kennen, wärst du so lieb uns einen kurzen Überblick über eure Band Historie zu geben?

Bons (an den Drums) und meine Wenigkeit (an Gesang und Gitarre) haben DIE DORKS 2006 mitten in der Pampa von Markl am Inn/Südbayern gegründet. Nach und nach hat sich dann auch herauskristallisiert, dass das Ganze nicht nur eine jugendliche Träumerei des Provinzpunkpärchens bleiben sollte, sondern mehr dahintersteckt. Wir sind beide Musiker mit Leib und Seele und ein Leben ohne Musik wäre für uns nur schwer vorstellbar. Die letzten Jahre durften wir uns auf unzähligen Gigs den Arsch abspielen und hatten die Ehre viele großartige Bands im Punkbereich zu supporten. Besonders unsere Freunde DIE KASSIERER haben uns die letzten Jahre sehr unterstützt und große gemeinsame Shows ermöglicht, durch die wir natürlich auch unseren Bekanntheitsgrad im Punk- und Metalbereich erweitern konnten. Letztes Jahr haben wir es dann auch geschafft und sind bei Ute von MAD TOURBOOKING untergekommen. Nur leider kam ja jetzt, wie wir alle wissen, das verdammte Virus dazwischen. Unsere aktuelle Besetzung ist noch ganz frisch: Patty Durango an der 2. Gitarre ist 2019 eingestiegen und seit Mai 2020 ist Mark Von Elend am Bass dabei.

Wie ich in meinen Review schon festgestellt habe, seid ihr als „reine“ Punk Rock Band nicht wirklich einzuordnen, sondern bedient euch sehr vielen Metal Elementen. Wie würdet ihr selber euren Stil bezeichnen, wenn ihr ihn selber beschreiben müsstet?

Unsere Band und unsere Musik ist etwas Einzigartiges in Bezug auf unseren Versuch, Punkattitüde mit musikalisch eingängigen Metalkompositionen zu mischen. Deswegen nennen wir es in der Kürze gern auch „Metalpunk“. Wir sind irgendwo zwischen Bach, SLAYER, WIZO und IRON MAIDEN zuhause und haben einfach keinen Bock uns festzulegen, dafür gibt es zu viel großartige Musik von der man sich inspirieren lassen kann. Der „Bach“ deswegen, da unsere Stücke kompositorisch schon sehr durchdacht sind. Vermutlich wird es einige in ihrem Weltbild erschüttern, dass wir „Punks“ alle was von Musiktheorie verstehen und mit Tonleitern und Tabulaturen arbeiten.

Viele Metal Elemente sind gerade durch die Gitarre bei euren Songs vertreten. Eure Liebe gerade zu klassischem Metal wie IRON MAIDEN sind kaum zu überhören aber auch Bands wie WIZO scheinen Dich/euch inspiriert zu haben. Woher kommt deine/eure Liebe zu diesem Mix?

Es ist bei mir tatsächlich so, dass meine ersten Platten aus dem Undergroundbereich eine WIZO Scheibe und eine von IRON MAIDEN war. Für mich war Punk und Metal nie zu trennen und ich habe METALLICA genauso gerne gehört, wie TOXOPLASMA oder JUDAS PRIEST und KNOCHENFABRIK. Im Punk gibt es viel geile Gesellschaftskritik in den Texten, ich könnte mir aber auch Stunden lang ein geiles Metalriff nach dem anderen reinziehen, einfach weil die Mucke knallt. Meinen neuen Bandkollegen geht es da ähnlich. Wir haben alle 4 unsere Wurzeln in der Punkszene, sind aber auch Musiker mit einer großen Affinität für die verschiedenen musikalischen Subgenres des Metal und Rock, und denken ganz gewiss nicht in Schubladen. Den Mut etwas Neues auszuprobieren, macht meines Erachtens eine besondere, unverwechselbare Band aus. Leicht betrübt sollte ich vielleicht nebenbei an dieser Stelle noch erwähnen, dass es leider noch nicht mit WIZO geklappt hat die Bühne zu teilen, wenn du uns schon mit ihnen vergleichst, Mario.  Grüße an dieser Stelle an Axel Kurth, vielleicht klappt es ja doch mal…

Und da wir ja in der ersten Linie ein Metal Magazin sind, was waren deine ersten musikalischen Berührungspunkte zu der Musik?

Das war in der Realschule, als man noch CDs gebrannt und getauscht hat, und auf alles irre gut aufgepasst hat. Ich komme aus der Pampa, und da hat man sowas wertvolles nicht überall bekommen. Erstmal habe ich die ganzen Metalklassiker wie MAIDEN und PRIEST (neben den Punkklassikern und Schlachtrufe BRD CDs) kennen gelernt, und halt die klassischen Rocksachen wie ALICE COOPER oder ACDC. Ich hatte immer gerne meinen XXL-HELLOWEEN Pulli und ein XXL-MAIDEN Shirt an, und mich geärgert, dass es sowas damals nicht in Frauengröße gab. Hat an mir ausgesehen wie ein Zelt. Später kam dann auch der Thrash Metal hinzu, z. B. KREATOR, ANNIHILATOR, TESTAMENT ect.). An der E-Gitarre war ich zu dieser Zeit erstmal blutige Anfängerin, so dass man natürlich in den ersten DORKS-Kompositionen erstmal nur 3-Akkordepunk und nicht solche Einflüsse wahrnehmen konnte.

In der Metal-Szene gibt es gerade eine Diskussion darüber, meiner Meinung nach korrekter weise, ob es in Ordnung ist ein Musik Genre als „female fronted“ auszuweisen. Auch wenn ich gestehe, dass ich selber ab und zu diese Einordnung benutze, ganz ohne böse Hintergedanken.
Viele Sängerinnen beschweren sich darüber, dass bei den Männern dieser Unterschied nie gemacht werden würde (z.B EPICA, ARCH ENEMY, THE GATHERING usw.). Sie fühlen sich nicht nach ihrer musikalischen Leistung beurteilt, sondern eben nur nach ihrem Alleinstellungsmerkmal des Geschlechtes. Wie ist das für dich? Ist das ein Thema, das dich beschäftigt und fühlst du dich ernst genommen als Musikerin?

Ich habe kein Problem damit, wenn du jetzt sagst, wir sind ´ne Band mit Frontfrau. Warum auch? Ich bin ja auch eine Frau. Allerdings finde ich es als Beschreibung für einen Musikstil auch nicht zwingend notwendig „female fronted“ zu sagen, es geht ja hier um die Musikbeschreibung und die kann ich erstmal geil oder scheiße finden, unabhängig davon ob Frau oder Mann sie gemacht hat. Mir persönlich als Künstlerin ist es unglaublich wichtig, konstruktives Feedback zu meiner Musik zu bekommen. Die Musik und die Texte, die ich schreibe und mit meiner Band veröffentliche, stehen für mich an erster Stelle. Ich als Mensch bin ja in diesem Gesamtkonstrukt nur schmuckes Beiwerk und die Kunst, die ich mit meinen Bandkollegen mache sollte immer im Fokus sein. Beleidigt fühle ich mich dann, wenn das anscheinend nicht reicht und man mir sagen will, wie ich mich zu präsentieren habe. Es kam schon mal vor, dass mich ein Fotograf gefragt hat, warum ich mich nicht „sexier“ gebe und mehr zurechtmache auf der Bühne. Er fände unsere Musik schon geil, aber ich müsste mich da schon an meinem Äußeren arbeiten, wenn wir bekannter werden wollten. Sowas ist für mich Sexismus und absolut unangebracht in Bezug auf die Wertschätzung meiner Lieder. Man hat mir denselben Respekt für meine Kunst entgegenzubringen, den auch ich anderen Musikern, unabhängig ihres Geschlechtes oder wie sie persönlich rumlaufen wollen, entgegenbringe. Ich bin so von meiner Sache und meiner Kunst überzeugt, dass ich mich nicht verstellen muss oder als jemand geben, der ich nicht bin, nur damit unsere Platten vielleicht ein blöd gesoffener, notgeiler Bauer mehr kauft. Ich repräsentiere uns als Band durch meine inhaltsstarken Texte und habe dafür über die Jahre bereits sehr viel positives Feedback ernten können. Ich weiß mittlerweile, dass man mich als charakterstarke Musikerin sehr ernst nimmt und wertschätzt. DIE DORKS habe ich als Band nur durch meinen Fleiß und Ehrgeiz in jeder freien Minute so vorangebracht und nicht, weil ich mein Augenmerk darauflege, die „Heidi Klum des Metalpunk“ zu werden.

Um bei dem Thema zu bleiben, bei meiner Recherche und Überlegung, wie viele Fronterinnen es im klassischen Punkrockbereich gibt, sind mir in Deutschland oder aber auch international nicht gerade so viele eingefallen. Vor allem aktuell nicht. Ist das eine Fehlwahrnehmung meinerseits oder gibt es dort wirklich ein Nachholbedarf? Und wenn ja, woran liegt es, dass sich gefühlt so wenige Frauen trauen oder nicht wahrgenommen werden. Ist der Metal dort dem klassischen Punkrock am Ende ein Stück voraus?

Mir fallen jetzt aus dem Deutschpunkbereich spontan gerade FUCKING ANGRY ein oder noch SCHLEPPHODEN (bei Letzteren weiß ich gar nicht, ob die aktuell noch was machen). Dann gibt´s auch aus Russland ´ne Hardcorepunkband namens SVETLANAS mit Frontsängerin oder die Frauenband MAID OF ACE aus England. Allesamt coole Bands. Also es gibt schon etwas Auswahl, wenn man sich genauer mit dem Genre auseinandersetzt, aber ich kann es nicht beurteilen oder einschätzen an was es liegt, dass es nicht noch mehr Musikerinnen in dem Bereich gibt.

Du selber hast ja auch eine sehr interessante, musikalische Geschichte von deinen Anfängen bis zu DIE DORKS? Hast du Lust uns was darüber zu erzählen? Was waren deine Impulse und vielleicht was waren auch gerade deine musikalischen Vorbilder?

Ich weiß ja nicht, inwieweit du informiert bist aber ich gebe immer gerne den unterhaltsamen Tipp, dass es da schon ein witziges Video aus meiner Vergangenheit gibt, welches man auf Youtube finden kann. Ich war als Kind mal Schlagersängerin und hab es dann später sogar zum Grand Prix der Volksmusik geschafft. Impulse kann man das aber nicht nennen, ich nenne es eher Ermangelung an Auswahl, haha. Ich komme aus einem niederbayerischen Dorf, und habe dort in der bayerischen „Stubnmusik“ und im Schulchor gesungen, weil man mir immer schon nachgesagt hat, dass ich gut singen kann. Meine Mutter hatte eine amtliche Kassettensammlung aus Volksmusik und Schlagern, und hat mich dazu gebracht, das alles nachzusingen. Bei einem Talentwettbewerb wurde ich dann „entdeckt“ und ich durfte ein paar Lieder in einem fetten Tonstudio in München einsingen. Ich könnte vermutlich heute von dieser Scheiße leben. Aber glücklicherweise kam ich ja dann mit 15 mit der guten Musik in Berührung und kann heute ein Interview im „MyRevelations“ Magazin geben.

Zurück zu der Musik eurer Band: Du hast mir verraten, dass ihr hofft und daran arbeitet 2021 ein neues Album herausbringen zu können. Wie weit seid ihr und kannst du uns schon verraten was ihr euch für die neue Platte musikalisch vorgenommen habt und ob es vielleicht Neuerungen gibt?

Im November geht es wieder in die heiligen Hallen der „Deep Pressure Studios“ in Braunau/Österreich, welche mittlerweile doch auch einen internationalen Bekanntheitsgrad aufweisen.

Lukas Haidinger, unser Produzent, zeigt sich u.a. für druckvolle Veröffentlichungen aus dem härteren Metalbereich z. B. der Tech-Deathmetaller von PROFANITY verantwortlich. Wenn alles so klappt, wie wir es uns vorstellen, sollte unser neues Album dann im Frühjahr 2021 veröffentlicht werden, und wir können (hoffentlich) sofort mit den neuen Stücken auf Tour gehen. Auch diesmal bekommen wir bei der Veröffentlichung wieder freundliche Unterstützung von unserem Kumpel David Strempel, seines Zeichens gute Seele von Cortex Records Berlin. Aber es ist tatsächlich auch bei uns alles vollkommen verrückt, was bisher gelaufen ist. Patty Durango mein neuer Gitarrenkollege ist ja erst seit Sommer 2019 in der Band. Viele Stücke hatte ich zu diesem Zeitpunkt vom Songwriting her schon sehr ausgearbeitet, aber er hat sofort versucht sich mit irrsinnig viel Herzblut rein zu hängen und mich dabei zu unterstützen. Mark Von Elend unser neuer Bassist ist gerade mal seit 3 Monaten in der Band und hat sich in dieser Zeit regelrecht den Arsch aufgerissen für die Band, so dass auch bassmäßig alles schon auf sicheren Beinen steht. Auch ein komplett neues Lied ist zwischenzeitlich noch gemeinsam entstanden. Muss uns wohl erstmal wer in dieser Rekordgeschwindigkeit nach machen. Bons und ich sind sehr happy, dass wir doch nach einigen Besetzungswechseln so tolle, motivierte und engagierte Bandkollegen gefunden haben. Zu deiner Freude kann ich dir verraten, dass die Metaleinflüsse auf der Platte noch mehr statt weniger geworden sind, der Synthesizer reduziert wurde und wir lediglich nur noch unseren Studiokeyboarder Axel zur Unterstützung haben. Textlich wird es ernster, tiefgründiger und noch gesellschaftskritischer als beim Vorgänger. Kurz gesagt: Wir sind mehr RIO REISER als SCHLEIMKEIM in den Texten und mehr IRON MAIDEN als CANALTERROR in musikalischer Hinsicht. Die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo dazwischen. Vermutlich sind wir sogar eine der wenigen oder vielleicht sogar die erste Band, die in ihrer aktuellen Besetzung noch nie gemeinsam auf einer Bühne stand (wir wissen ja aktuell, warum), aber ein neues Album zusammen macht. Die Platte wird in jedem Fall großartig!

Ihr habt auf eurer letzten Platte einen Song mit Wölfi (DIE KASSIERER) veröffentlicht, können sich eure Fans auf der neuen Platte in dieser Richtung auf eine ähnliche Überraschung freuen?

Ich möchte ja nicht gleich alles verraten, aber da wir sowohl in der Punk- als auch in der Metalszene Fans haben, ist diesmal ein Gastsänger aus den metallischen Gefilden am Start. Den Namen werden auch die Leser des „MyRevelations“ Magazin kennen.

Wie ist das eigentlich, wenn du mit deinen Jungs auf Tour bist passt du eher auf sie auf oder die Jungs auf Dich auf, oder hält sich das bei euch die Waage? Wenn du deine Bandkollegen fragen würdest, welche Eigenart würden sie dir gerne abgewöhnen, wenn es dann eine geben sollte?

 

Tja, zum Tour leben kann ich ja in der aktuellen Besetzung noch nicht viel sagen. Ich meine aber, von mir behaupten zu können, dass ich sehr umgänglich bin.

Wenn ihr in euren Tour Bus unterwegs seid welche Bands und Platten dürfen dabei auf keinen Fall in der Playlist fehlen um euch in Stimmung zubringen?

Ich habe ja eigentlich schon ganz viel von dem aufgezählt, was ich so höre. Bei Bons ist es ziemlich ähnlich und Mark hört auf von Metal über Punk bis hin zum klassischen Rock alles was gefällt. Patty ist ja der Älteste von uns und da müssen auch schon mal hippieskere Klassiker wie LED ZEPPELIN oder BLACK SABBATH laufen, dass er sich vor dem Gig entspannen kann. Wenn man ihn ärgern will, dann sollte in der Playlist etwas brutales wie NAPALM DEATH nicht fehlen.

 Am Ende gebe ich der Band immer die Möglichkeit ein paar Worte an unsere Leser und ihren Fans selber zu richten, warum sollten sie sich unbedingt eine Platte von DIE DORKS besorgen und einer eurer Shows besuchen?

Weil wir geilen Rock´n Roll machen! Wer gerade Feuer und Flamme ist, sich das mal „live“ zu geben, der wende sich vertrauensvoll an unsere liebe Bookerin: ute@mad-tourbooking.de . Ansonsten besucht uns auf unserer Homepage, denn auch unser (noch) aktuelles Album „Der Arsch auf deinem Plattenteller“ hat eine Daseinsberechtigung in eurem verstaubten CD-Regal verdient. Mario, dir danke ich für deine Zeit und das coole Interview. Ich hoffe, wir sehen uns mal live.

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Autor
"Wenn man einmal dem Metal verfallen ist, ändert man seine Gesinnung nicht einfach von heute auf morgen." ( Parramore McCarty, Warrior)